Jetzt gibt es wieder Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus. Empfohlen werden sie nur bestimmten Menschen. Welchen? Das erläutert der Ulmer Virologe und STIKO-Chef Thomas Mertens im SWR.
Am Montag (18.9.) beginnt offiziell die Corona-Impfsaison: Arztpraxen bieten Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus an. Dafür sollen in den kommenden Wochen Impfstoffe an die Praxen ausgeliefert werden, die auch an aktuelle Virusvarianten angepasst sind. Eine solche Auffrischungsimpfung werde derzeit aber nur einem bestimmten Personenkreis empfohlen, sagt der Ulmer Virologe und Chef der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts, Thomas Mertens.
SWR Aktuell: Es gibt einen neuen Impfstoff gegen das Coronavirus. Wem empfehlen Sie die Impfung?
Thomas Mertens: Wir empfehlen die Impfung den Menschen, die über 60 Jahre alt sind und anderen Menschen, die ein besonderes Risiko haben, im Falle einer Infektion schwer zu erkranken. Diese Gruppen sind mittlerweile recht gut definiert und auch allen Ärzten bekannt, so dass es kein Problem sein sollte, für jeden Patienten oder jede Patientin auch mit seinem Arzt zu klären, ob er oder sie ein besonderes Risiko trägt.
SWR Aktuell: Wie sieht es bei Pflegekräften und medizinischem Personal aus?
Mertens: Die nehmen wir mit dazu. Das dient zum Teil dem Schutz des Personals, zum Teil aber auch dem Schutz der betreuten Menschen. Wir wissen, dass die Impfung sehr viel länger vor schwerer Erkrankung schützt. Aber sie schützt auch, wenn auch für kürzere Zeit, vor einer Infektion. Und damit bietet die Impfung von medizinischem Personal in solchen Einrichtungen auch einen zusätzlichen Schutz für die von dem Personal betreuten Menschen.
SWR Aktuell: Was bedeutet die Verbesserung und Anpassung des Impfstoffes - wie hat man sich das vorzustellen?
Mertens: Es geht darum, dass man heutzutage die Impfstoffe sehr viel schneller anpassen kann als früher. Und mit der Anpassung folgt man auch einer Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation, die eben gesagt hat, man sollte einen angepassten Impfstoff herstellen. Das haben verschiedene Hersteller gemacht. Man muss aber einschränkend sagen, dass wir zu diesen neuen Impfstoffen nur immunologische Daten haben. Das heißt: Aufgrund dieser Daten wissen wir, welche Reaktion der neue Impfstoff hervorruft. Was wir dagegen noch nicht sagen können ist, wie viel besser der Schutz wirklich ist als der durch die bisher angewendeten Impfstoffe.
SWR Aktuell: Und diese Anpassung braucht es, weil das Virus anders aussieht oder weil es anders angreift?
Mertens: Nein, diese Anpassung braucht es, weil sich dieses Virus vor allen Dingen als RNA-Virus relativ gut verändern kann und damit auch seine Oberfläche. Und diese Oberfläche ist verantwortlich für die Anlagerung an die zu infizierenden Zellen. Und wenn sich die Oberfläche verändert, dann verändert sich auch das Virus im Hinblick auf seine Infektiosität. Aber bislang gibt es keine Veränderung bei dem Coronavirus, bei den vielen Mutanten, die wir schon gesehen haben, die dazu führt, dass der Schutz durch die Impfung und durch die Infektion völlig unterlaufen werden kann.
SWR Aktuell: Diese Empfehlung zur Impfung, wird das jetzt zum jährlichen Ritual für uns alle?
Mertens: Nun ja, es gibt zum Beispiel auch die Influenza-Impfung, die als jährliche Auffrischungsimpfung für Risiko-Menschen empfohlen wird. Und es durchaus denkbar, dass das in den nächsten Jahren auch so ähnlich mit der Impfung gegen den Coronavirus sein wird.
SWR Aktuell: Kann man denn die Influenza- und die Corona-Impfung zusammen machen?
Mertens: Das kann man beides an einem Termin machen, das ist auch durch Studien gut belegt. Sie können sich also als Patient beide Spritzen an einem Tag geben lassen.
SWR Aktuell: Können Sie einschätzen, wie gefährlich Corona im kommenden Winter wird? Oder ist das reine Spekulation?
Mertens: Nein, das kann man abschließend nicht genau sagen. Aber wir können derzeit sagen, dass nicht anzunehmen ist, dass wirklich etwas sehr Schlimmes passiert mit Corona. Es wird eine Welle geben und wir sollten versuchen, diese Welle wie immer sehr flach zu halten, vor allen Dingen für Menschen, die ein Risiko für schwere Erkrankung bei Infektion haben. Aber wir gehen alle nicht davon aus, dass es etwas Dramatisches geben wird.
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