Auf dem Land, in der Stadt oder im Krankenhaus: Überall fehlen Ärztinnen und Ärzte. In Aalen kämpft eine Medizinerin aus Venezuela dagegen an - und holt Fachärzte nach Deutschland.
Die gebürtige Venezuelanerin Angie Bru-Perez hat aus ihrer Idee ein Geschäftsmodell gemacht. Sie holt Fachärztinnen und Ärzte aus ihrer Heimat nach Deutschland.
Natalia Schröder ist angekommen im Ländle. Im Ostalbklinikum arbeitet die Kolumbianerin in der Neurologie. Die Arbeit in der Aalener Klinik sei mit der in einem kolumbianischen Krankenhaus nicht zu vergleichen. Der deutsche Lebenstandard und die Arbeitsbedingungen seien hier um einiges besser, sagt sie.
36 Stunden Schichten und kein Urlaub
Der Alltag für Ärzte in Lateinamerika sieht häufig so aus: 36 Stunden Schichten, kein Urlaubsanspruch, geschweige denn Mutterschutz oder Elternzeit. Die Umstände in den Krankenhäusern: nicht immer gut. Manchmal fehlen sogar wichtige Röntgengeräte.
Angie Bru-Perez hat alles selbst erlebt. Nach ihrem Studium in Venezuela kam sie durch ihren Mann nach Deutschland. Ohne ihn hätte sie die Bürokratie und die Prüfung ihrer Zulassung nie geschafft. Viele Behördengänge und die deutsche Sprache stellten sie vor eine Herausforderung.
Akademie gegen Ärztemangel
Damit wuchs der Gedanke: Ich will auch anderen helfen und sie auf diesem Weg unterstützen! Mittlerweile arbeitet Bru-Perez nicht mehr als Ärztin. Sie hat zusammen mit ihrem Mann eine Akademie gegründet. Sie präsentiert sich im Internet, dreht Videos über deutsche Städte oder das Leben und Arbeiten in Deutschland.
Mehrmals im Jahr fliegt sie nach Lateinamerika, um einheimische Ärzte von Deutschland zu überzeugen. Bei ihrer Akademie bucht man das Komplettpaket: Deutschkurs, Hilfe bei Behördengängen, Vorbereitung auf die deutsche Prüfung. 100 Ärztinnen und Ärzte hat sie auf diesem Weg in den vergangenen vier Jahren aus Lateinamerika nach Deutschland vermittelt. Doch das war nur der Anfang: Momentan sind es nach ihren Angaben rund 2.000, die auf eine Vermittlung warten.
Auch Natalia Schröder war glücklich über die Starthilfe von Angie Bru-Perez. Allein hätte sie den Sprung in ein deutsches Krankenhaus vielleicht nicht geschafft. Bru-Perez war wie eine Familie für Schröder. Sie habe sich jederzeit bei ihr melden können.
Angesichts des herrschenden und weiter drohenden großen Ärztemangels in Deutschland ist die Arbeit von Bru-Perez zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein - aber immerhin ein Anfang.
Mehr zum Thema Ärztemangel in BW
Niedergelassene Ärzte aus Heilbronn-Franken protestieren in Stuttgart Ärztemangel: Arbeit bis ins hohe Alter - nur aus Verpflichtung?
In Stuttgart machen am Mittwoch viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte ihrem Ärger Luft. Ein Punkt dabei: Der Ärztemangel, der von selbst nicht besser wird.