Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sein Vorgehen im Untersuchungsausschuss zur sogenannten Polizeiaffäre verteidigt. Schwere Vorwürfe äußerte der betroffene Journalist.
Ministerpräsident Kretschmann hat im Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags sein Vorgehen in der sogenannten Polizeiaffäre verteidigt. Für ihn gelte das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, betonte Kretschmann, und es wäre aus seiner Sicht "völlig unverhältnismäßig" gewesen, Innenminister Thomas Strobl (CDU) zu entlassen.
Durch die Einstellung des Verfahrens gegen Strobl wegen der Weitergabe eines Anwaltsschreibens sehe er sich bestätigt. Dies bedeute, dass von der Unschuld des Ministers auszugehen sei.
"Auch Minister sind Menschen und dürfen Fehler machen. Alles andere wäre vollkommen überzogen", sagte Kretschmann. Auf Nachfragen der Opposition, ob Strobl einen vorsätzlichen oder fahrlässigen Fehler begangenen habe, antwortete Kretschmann, es sei strittig, ob es ein Fehler war.
Der Ministerpräsident räumte ein, dass die Vorwürfe gegen Strobl im Zusammenhang mit der Affäre um den Inspekteur der Polizei die grün-schwarze Landesregierung belastet haben. Das Regierungshandeln sei aber zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt gewesen.
Rückblick: Darum geht es in der "Polizeiaffäre"
Im Untersuchungsausschuss des Landtags geht es um sexuelle Belästigung in Landesbehörden, um Beförderungspraktiken bei der Polizei und um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens durch Strobl. Der inzwischen suspendierte Inspekteur der Polizei soll Ermittlungen zufolge vor fast einem Jahr in Stuttgart eine Polizeibeamtin sexuell belästigt haben. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat kürzlich Anklage wegen sexueller Nötigung erhoben.
Strobl hatte ein Schreiben des Anwalts des Inspekteurs an einen Journalisten weitergereicht - und war deshalb ebenfalls unter Druck geraten. Die Ermittlungen gegen Strobl werden aber gegen Zahlung einer Geldauflage von 15.000 Euro eingestellt.
Journalist kritisiert Ermittlungen
Vor Kretschmann war der Journalist, an den Strobl das Schreiben weitergegeben hatte, im Untersuchungsausschuss des Landtags zu den Vorgängen befragt worden. Dabei sprach dieser von einem "strukturellen Führungsproblem" sowie einem "Klima der Angst" in der Polizei und übte schwere Kritik an der Staatsanwaltschaft.
Mit ihren Ermittlungen hätte die Staatsanwaltschaft unterbunden, dass er weiterhin über die Affäre und die Vorwürfe gegen den Inspekteur der Polizei berichte, sagte der Reporter vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag. Der Gedanke scheine nicht fern, dass die Ermittlungen lediglich erfolgt seien, um einen kritischen Journalisten ruhigzustellen.
Ermittlungen, U-Ausschuss und Rücktrittsforderungen Ein Jahr Polizei-Affäre in BW: Die Geschehnisse im Rückblick
Baden-Württembergs Innenminister Strobl ist unter Druck geraten - ausgelöst durch die Polizei-Affäre. Ein Fall von politischer Brisanz, der vor genau einem Jahr begonnen hat.
Vorwurf: Pressefreiheit mit Füßen getreten
Die Behörde hatte gegen den Journalisten wegen des Verdachts verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen ermittelt. Der Journalist sprach von einer "pressefeindlichen Rechtsform". Die Opposition habe diese benutzt, um Innenminister Thomas Strobl (CDU) zum Rücktritt zu bewegen. Das Parlament habe es mitunter befördert, dass die Pressefreiheit mit Füßen getreten wurde. Das Verfahren gegen den Journalisten wurde zwischenzeitlich eingestellt.