Sein ganzes Leben hat Philipp Kienle auf dem Bauernhof verbracht. Doch so will er nicht weitermachen. Mit seiner Frau Verena traut er sich in Sigmaringen-Laiz etwas Neues.
Verena und Philipp Kienle haben Großes vor. Sie wollen ihren Bauernhof, ein klassischer Betrieb mit Milchkühen, zu einem Lebenshof umwandeln. Ob Kuh, Schwein oder Huhn, die Tiere sollen hier nichts leisten, sondern einfach leben dürfen – so die Vision des Ehepaars aus Sigmaringen-Laiz.
Bald ein Lebenshof - noch eine Müllhalde
Von dieser Idylle ist der Kienle-Hof im Moment noch weit entfernt. Alte Ballennetze, kaputte Geräte und mehrere Dutzend Reifen liegen auf dem Grundstück herum. Tonnenweise türmt sich der Müll hinter dem Bauernhaus, seit Generationen hat sich keiner darum gekümmert.
Philipp Kienle wirft Holzplatten in einen Container, schaufelt Silofolien auf seinen Radlader und sagt den Entrümplern, was sie zu tun haben. Diese Woche wird auf dem Bauernhof aufgeräumt. Die Sauerei, wie er sagt, müsse weg. Den Müll auf die Deponie zu bringen, das sei seinem Vater und ihm immer zu teuer gewesen. Und die Zeit dazu hätte man auch nie gehabt.
Lebenshof: Eine Zuflucht für alte und kranke Tiere
Aber jetzt ist die Zeit gekommen. Ab sofort weht ein anderer Wind auf dem Kienle-Hof in Sigmaringen-Laiz. Auf der noch zugemüllten Fläche will der 41-Jährige mit seiner Frau Verena Ställe für einen Lebenshof bauen. Das ist ein Hof, auf dem Nutztiere wie Kühe, Hühner oder Schweine leben können, ohne dass sie Milch, Eier oder Fleisch produzieren müssen. Die Kienles wollen einen Zufluchtsort für alte und kranke Tiere. Die landen normalerweise auf dem Schlachthof.
Das Schlachten der Milchkühe hat ihm zugesetzt
Philipp Kienle hat sein ganzes Leben auf dem Bauernhof in dem Sigmaringer Teilort Laiz verbracht. Nach der Schule hat er eine Ausbildung zum Landwirt gemacht und vor ein paar Jahren den Hof von seinem Vater übernommen: ein kleiner Milchviehbetrieb mit bis zu 15 Kühen. Neben seinem Hauptberuf in einer Gießerei hat er die Tiere jeden Tag gefüttert, gemistet und gemolken.
Aber das will er jetzt nicht mehr. "Es hat mich schon lange gestört, wie das mit den Tieren endet", sagt er. Wenn eine Kuh nicht mehr genug Milch gibt, muss die Landwirtin oder der Landwirt sie meistens zum Schlachten bringen. Sonst würde sich der Betrieb nicht weiter lohnen. Das habe sich für ihn schon immer falsch angefühlt, sagte Kienle.
Geldsorgen mit dem Bauernhof
Zu den Gewissensbissen kamen für den Landwirt irgendwann auch noch Geldsorgen hinzu. Denn neben seinem Hof muss er auch noch eine Familie mit drei Kindern versorgen. Spätestens da war klar: So kann es nicht weitergehen. Geld wollen Verena und Philipp Kienle künftig mit Ackerbau verdienen. Die Kühe hätten die Kienles auch verkaufen können, aber das wollten sie nicht. Denn die Arbeit mit den Tieren sei für sie etwas Besonderes.
Auch Verena Kienle arbeitet gerne mit. Als Landwirtin hat sie sich früher nie gesehen, aber Kühe füttern gehört mittlerweile zu ihren liebsten Arbeiten auf dem Hof. Denn egal wie stressig der Tag war: "Sobald man zu den Kühen reinkommt, rückt alles in die Ferne", sagt sie. Auf dem Kienle-Hof habe sie gemerkt "wie cool Kühe eigentlich sind".
"Wir wollen niemanden missionieren"
Das gute Gefühl wollen Verena und Philipp Kienle an andere weitergeben. Der Lebenshof in Sigmaringen-Laiz soll nämlich nicht nur für Tiere da sein, sondern auch für Besucherinnen und Besucher. Sie wollen Bewusstsein dafür schaffen, dass auch Tiere Schmerz und Trauer empfinden können. Ob jemand Fleisch essen will oder nicht - das müsse am Ende aber jeder für sich entscheiden. "Wir wollen da niemanden missionieren", sagt Philipp Kienle, "aber ich selbst will kein Tier mehr zum Schlachter schicken."
Spätestens an Weihnachten soll der Lebenshof stehen
Noch in diesem Jahr will das Paar mit ihrem Lebenshof starten. Kühe, Schweine und Pferde wollen sie bis Dezember hier unterbringen. Irgendwann sollen auch noch Hühner dazukommen. Später sollen Hofbesucherinnen und -besucher auch eine Patenschaft für die Tiere abschließen können. Bis es so weit ist, wartet aber noch eine Menge Arbeit auf die Familie.
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Wenn eine Kuh deine beste Freundin ist
Schon als kleiner Junge habe er mehr Zeit mit Tieren, insbesondere mit Kühen, verbracht als mit anderen Kindern, erklärt Joar, Kuhretter aus Hemsbach im Odenwald. Heute hat er einen Verein gegründet, der Tiere zum Beispiel vorm Schlachter rettet.