Am Sonntag war viel geboten zwischen Alb und Nordschwarzwald. Türen, die sonst zu sind, öffneten sich. Es gab Feste, wo man normalerweise nur schauen kann.
Am Tag des offenen Denkmals erwachen historische Orte zu neuem Leben. "Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte" war der Slogan dieses Jahr. Viele Wahrzeichen konnte man nicht nur besichtigen, sondern mit allem Drum und Dran genießen. Es gab Führungen, Livemusik, Kaffee und Kuchen. Hier ein Überblick:
Auf den Spuren einer historischen Eisenbahn in Nagold
Die erste Schmalspurbahn der Königlich Württembergischen Staatseisenbahn fuhr zwischen 1891 und 1967 zwischen Altensteig und Nagold. An sie erinnert ein Denkmal unter dem Nagolder Viadukt. Dort standen eine Diesellok und mehrere Waggons auf Schienen.
Das Denkmal war Teil einer Wanderung entlang der alten Trasse. Jürgen Renz vom Verein für Heimatgeschichte führte an Stellen in Nagold entlang, wo die Schienen waren. Wer wusste, wo das Altensteigerle fuhr, sah zum Beispiel mehr als einen Radweg, mehr als eine Lücke im Wohngebiet. Man konnte erkennen, wo die Schmalspurbahn gefahren ist.
Folge 870 Das Altensteigerle – ein unvergessener Schmalspurpionier
Die erste Schmalspur-Bahn der Königlich-Württembergischen Staats-Eisenbahnen, das Altensteigerle, ist ein unvergessener Teil der Heimatgeschichte im Nordschwarzwald. (Folge 870)
Glashütte Buhlbach: Altes Handwerk in Baiersbronn
Nicht nur schauen, auch selbst Hand anlegen konnte man in der Glashütte Buhlbach in Baiersbronn im Kreis Freudenstadt. Seife machen, klöppeln, Körbe flechten, Papier schöpfen - bei den Vorführungen alten Handwerks durften sich die Besucher auch selbst versuchen.
Außerdem konnten Wissbegierige in der wohl größten und bedeutendsten Glashütte des Schwarzwalds im 18. und 19. Jahrhundert beim Drehen von Glasperlen zusehen, Kinder durften Kreisel basteln und natürlich erfuhr man auch alles über die Geschichte der Glashütte. Es gab Livemusik sowie Kaffee und Kuchen, kühle Getränke und Würstchen.
Leben in alten Zeiten: Schloss Ehrenfels und Tagelöhner-Häuschen
Wie haben die Menschen früher gelebt? Auf Schloss Ehrenfels bei Hayingen im Kreis Reutlingen konnte man sehen, wie schön es einst die Äbte des Klosters Zwiefalten auf ihrem Sommersitz hatten. Am Sonntag gab es da Führungen zu jeder halben Stunde, am Nachmittag sang der Chor "Hay-Fidellity".
Aber wie haben Kleinbauern und Tagelöhner früher gelebt? Davon konnte man in Denkingen im Kreis Tuttlingen einen Eindruck gewinnen. Das Tagelöhnerhaus ist Mitte des 18. Jahrhunderts gebaut worden, im 19. Jahrhundert bekam es einen Anbau für Kleinvieh. Inzwischen gehört es dem Geschichts- und Heimatverein. Er nutzt es für Ausschusssitzungen und kleine Veranstaltungen.
Es gibt aber auch noch viele Alltagsgegenstände, teils aus dem Nachlass der ehemaligen Bewohner des kleinen Häuschens. Etwa ein Butterfass, bei dem man mit der Hand kurbeln kann oder einen Holzbacktrog für Brotteig. Am Tag des offenen Denkmals konnte man dort erfahren, wie wenig idyllisch so ein Leben in beengten Verhältnissen doch eigentlich war.
Reutlingen: Arbeitersiedlung aus dem 20. Jahrhundert
Wie man als Arbeiter Anfang des 20. Jahrhunderts leben konnte, wenn man Glück hatte, das konnte man am Sonntag in Reutlingen sehen. Das Gmindersdorf in Reutlingen war damals Württembergs größte und bedeutendste Arbeitersiedlung. Die zu dieser Zeit hochmoderne Wohnanlage war für die aufstrebende Textilfabrik Gminder eine Möglichkeit, Arbeitskräfte anzulocken.
Das Dorf war eine kleine Welt für sich. Eine Welt, mit der sich heutzutage Holger Lange sehr gut auskennt. Am Tag des offenen Denkmals bot er zwei Führungen durch das Gmindersdorf an.
Sigmaringen: Gestern Schlachthof, heute Kulturstätte
Gleich zwei unterschiedliche Führungen gab es am Tag des offenen Denkmals im Alten Schlachthof in Sigmaringen. Bei einer historischen Führung konnten sich die Besucherinnen und Besucher die Stallungen, Schlachthallen und das Kühlhaus ansehen.
Bei einem weiteren Rundgang konnten sich Interessierte ein Bild davon machen, was dort in der Gegenwart passiert: Ateliers, Werkstätten, Bühnen- und Backstagebereich gab es zu sehen. Der Alte Schlachthof ist heute ein soziokulturelles Zentrum.
Kloster Tübingen-Bebenhausen: Denkmalschutz vs. Wohnen
Wie baut man ein Wohnhaus aus der riesigen Scheune des Klosters in Tübingen-Bebenhausen? Sie stammt aus dem 15. Jahrhundert, war stark baufällig und besteht zu einem Großteil aus Dach, mit kleinen Gaubenfenstern. Durch die fällt zwar Licht ins Gebäude, aber nicht so viel, wie man zum Wohnen gerne hätte.
Am Tag des offenen Denkmals konnte man den Kompromiss zwischen Denkmalschutz und Wohninteresse im Entstehen besichtigen. Vielleicht zum ersten und letzten Mal, denn sobald das Gebäude bewohnt ist, wird das nicht mehr möglich sein. Noch sind die Bauarbeiten in vollem Gange, Bauherr und Architekt boten Führungen an.
Tübingen: Orgelmusik im historischen Gebäude
Ein anderes Gebäude, das einst zum Kloster Bebenhausen gehört hat, steht in Tübingen: die Kapelle des Pfleghofs. Heute ist dort das Musikwissenschaftliche Institut untergebracht. Am Tag des offenen Denkmals spielten Studierende und Beschäftigte des Instituts nach einem kurzen historischen Vortrag ein Stückchen an der französischen Orgel. Außerdem gab es Führungen zu den Highlights der Instrumentensammlung.
Albstadt-Ebingen: Uralte Kirche als Zeitzeuge
Eine alte alemannische Holzkirche stand einst da, wo heute die Martinskirche in Albstadt-Ebingen ist. Inzwischen ist sie mehrmals umgebaut worden, also eine Zeitzeugin für viele Jahrhunderte.
Die Sakristei ist über 700 Jahre alt, das Mittelschiff stammt aus dem 13. Jahrhundert, der Chor aus dem 15. Jahrhundert, und von außen erkennt man vor allem den Umbau im Jugendstil vor gut 100 Jahren. Am Tag des offenen Denkmals gab es stündlich Führungen samt Kaffee und Kuchen. Und der Kantor der Martinskirche gab ein Orgelkonzert.
Calw und Rottenburg: Touren am Tag des offenen Denkmals
Nicht nur einzelne Gebäude öffneten ihre Pforten, am Tag des offenen Denkmals gab es auch Denkmal-Touren, also geführte Spaziergänge mit Lerneffekt. In Calw konnten Interessierte zum Beispiel auf den Spuren Hermann Hesses durch die Innenstadt schlendern. Bei der Führung wurden Schauplätze des Lebens und Schaffens des Literaturnobelpreis-Trägers gezeigt.
In Rottenburg konnten Besucherinnen uns Besucher auf den Spuren antiker Götter wandeln und in die römisch-keltische Götterwelt eintauchen. Zu sehen gab es Statuen, Reliefs, Grabsteine und Wahrzeichen wie die Jupitergigantensäule. Eintritt und Führung waren am Tag des offenen Denkmals kostenlos.
Brunnen und Geschichten in Reutlingen
Die Reutlinger Bürgerschaft war einst stolz und sie war fromm. Das könne man an den Brunnen in der Stadt erkennen, hieß es bei der Ankündigung der entsprechenden Führung. Die Brunnen brachten nicht nur Wasser, sie waren auch steingewordener Prunk und zeugten von mythischen Geschichten und Volksfrömmigkeit. Bei der Führung konnte man sich einige der Geschichten und historischen Hintergründe erzählen lassen.