Hupen nervt die Anwohner

Bahnübergang in Rottenburg: Erst gehasst, jetzt umkämpft

Stand
Autor/in
Tim Winkel
Onlinefassung
Ingemar Koerner
Ingemar Koerner ist Reporter für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Seit Jahren kämpfen Anwohner gegen laut hupende Züge am Bahnübergang Ziegelhütte in Rottenburg. Jetzt soll der Übergang weg - doch auch dagegen gibt es Protest.

Erst das Hupen, das die Anwohner täglich bis zu 26 Mal am Tag hören müssen. Jetzt die Frage, ob der Bahnübergang Ziegelhütte in Rottenburg am Neckar (Kreis Tübingen) überhaupt noch bleiben darf. Worüber sich die Anwohnerinnen und Anwohner aufregen sollen, wissen sie bald selbst nicht mehr. Irgendwie scheint für sie alles schief zu laufen.

Züge hupen ab fünf Uhr morgens

Die Bürgerinnen und Bürger stecken jetzt in einem Dilemma. Seit knapp 13 Jahren beschweren sie sich bei der Stadt, dass die Züge an dem Bahnübergang zu laut hupen. Die Betroffenen würden das Hupen sogar durch geschlossene Türen und Fenster hören - sogar noch einige hundert Meter von den Gleisen entfernt. Die Lokführer hupen ab fünf Uhr morgens bis Betriebsschluss.

Der Grund: Der Bahnübergang am Wohngebiet Dätzweg hat nur ein Gitter, das den Menschen zeigt: Vorsicht. Hier könnte ein Zug kommen! Damit ist der Bahnübergang nicht vorschriftsmäßig gesichert. Und eine Regelung der Deutschen Bahn besagt: Bei Bahnübergängen ohne Sicherungssysteme wie einer Schranke müssen die heranfahrenden Züge die Leute am Übergang mit einem Hupen warnen.

Suche nach Lösung für Bahnübergang in Rottenburg

Wenn das Hupen aufhören soll, muss auch der Übergang weg, sagt die Deutsche Bahn. Anders sei das nicht möglich. Das wäre aber nicht im Interesse der Stadt Rottenburg, wie die Baubürgermeisterin Annette Schwieren dem SWR erklärte. Die Stadt hat zusammen mit der Bahn versucht, eine Lösung für alle Beteiligten zu finden. Und die ist der Rückbau des Übergangs. So werde man zumindest dem Willen der Anwohner gerecht, das Hupen zu stoppen.

Protest für den Erhalt des Bahnübergangs

Diese vermeintliche Lösung stellt andere Anwohnerinnen und Anwohner aber nicht zufrieden. Denn sie wollen den Bahnübergang unbedingt behalten. Zu ihnen gehören Martin und Martina Biesinger aus dem Stadtteil Dätzweg. Ihr Stadtteil wäre von einer Schließung betroffen. Martin Biesinger erzählt, dass er schon als kleiner Junge vor 60 Jahren über den Übergang gegangen ist. Er konnte es nicht glauben, als er las, dass der Bahnübergang jetzt weg soll.

Das Paar beschreibt, wie wichtig der Übergang für ihren Stadtteil ist. Er stelle eine absolut notwendige Anbindung an die Rottenburger Innenstadt dar. Ohne den Bahnübergang könnten viele Menschen nicht mehr wie gewohnt mal eben schnell in die Stadt. Da sind sich die Anwohner im Dätzweg einig. Jetzt werden laut "Schwäbischem Tagblatt" Unterschriften für den Erhalt des Übergangs gesammelt.

Viele Menschen von Schließung betroffen

Vor allem Fahrräder, Kinderwagen oder Rollatoren hätten ein großes Problem. Denn die alternative Unterführung knapp zehn Gehminuten entfernt ist nicht barrierefrei. Daran werde man in Zukunft arbeiten, so die Stadt. Messungen der Stadt vor ein paar Jahren haben täglich über 450 Überquerungen ergeben. Und diese Zahl könnte steigen. Das ehemalige DHL-Gelände unmittelbar am Bahnübergang wird derzeit bebaut. Rund 600 Wohnungen sollen dort entstehen.

Deutsche Bahn bleibt hart

Die Deutsche Bahn zeigt sich wenig diskussionsfreudig. Das trifft bei den Bürgerinnen und Bürgern auf Unverständnis.

Vogelperspektive auf den Bahnübergang Ziegelhütte in Rottenburg. Gitter sorgen für Ordnung - eine Schranke fehlt aber.
Wer den Bahnübergang in Rottenburg nutzt, muss sich durch Gitter schlängeln. Eine Schranke gibt es dort nicht.

Auch der Vorschlag, den Übergang mit Schranken zu sichern, sei nicht möglich, so die Bahn. Man könne die Schaltung der Schranke nicht an das veraltete Schaltsystem anbinden. Und man müsse auf die schon seit Jahren geplante Stadtbahn für Rottenburg warten, so die DB. Ein Umbau könne erst mit Stadtbahn erfolgen. Damit sei aber erst im nächsten Jahrzehnt zu rechnen.

Lösung für Anwohner erstmal nicht in Sicht

Absurd finden die Anwohnerinnen und Anwohner zudem, dass allein der Abbau des Übergangs bis zu 80.000 Euro kosten könnte. Warum also nicht einfach stehen lassen, fragen sie sich. Doch es hilft alles nichts. Der Übergang wird höchstwahrscheinlich abgebaut. Und das könne noch über anderthalb Jahre dauern, so Schwieren. Eine Entscheidung soll 2025 fallen.

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