175 Jahre ist die Rußhütte in Freudenstadt alt. Weil an dieser Stelle bald ein Tunnel hin soll, muss sie weg. Warum nicht einfach Stein um Stein abtragen und woanders aufbauen?
Was wie ein Witz klingt, machen sie in Freudenstadt wirklich: Die Rußhütte, ein echtes Kulturdenkmal, muss dem geplanten Stadttunnel weichen und wird umgesiedelt - knapp fünf Kilometer entfernt, als Attraktion für die kommende Gartenschau 2025. Eine aufwändige Aktion.
Aufwändiger Abriss: Balken für Balken, Stein für Stein
Der Umzug der Hütte wird von einer Spezialfirma übernommen. Zunächst tragen die Handwerker das Dach ab, Balken für Balken, später folgen Stein für Stein die Mauern. Jeder Balken und jeder Stein bekomme eine Nummer, sagt Baustellenchef Jochen Christ. Da die Hölzer schon sehr alt und nicht besonders gut erhalten sind, werden sie vor Ort restauriert. Besonders auf der Seite, die zur Straße zeigt, habe die Hütte schon einiges mitmachen müssen, so Christ. Trotzdem sei sie noch ganz gut in Schuss - er habe schon an wesentlich beschädigteren Gebäuden gearbeitet.
Wie behält man bei 10.000 Steinen einen Überblick?
Dass denkmalgeschützte Bauwerke umziehen, passiert immer wieder. Oft werden größere Elemente auf Tieflader gepackt und an den neuen Standort transportiert, oder - wie im Fall der Kirche aus Heuersdorf in Sachsen - gleich das ganze Gebäude. Bei der Rußhütte in Freudenstadt geht das nicht. Das Gebäude ist einfach zu groß.
Was also, wenn man sich bei den vielen einzelnen Steinen verzettelt? "Falsch zusammenbauen können wir die Hütte im Prinzip nicht", sagt Jochen Christ. Die nummerierten Hölzer und Steine werden in einen Plan eingetragen, außerdem helfe ihnen moderne Technik, den Überblick zu bewahren. Trotzdem hat er Respekt davor.
Herz der Rußhütte in Freudenstadt: Der Rußkeller
Im 19. Jahrhundert gewann man in der Hütte Ruß – zum Beispiel für Pflegemittel und Druckerschwärze. Dafür wurde harzhaltiges Holz verschwelt, also erhitzt, aber nicht richtig verbrannt. So konnte Ruß entstehen. Noch heute sieht man Spuren von der Rußproduktion, im Rußkeller. Dort hat sich der Ruß abgesetzt und hängt an den Wänden. Weil auch die Fugen zwischen den Steinen voller Ruß sind, müssen die Handwerker den Fugenmörtel im Christophstal vermutlich neu anmischen, mit echtem Ruß.
Hütte wurde nach Rußproduktion zu Wohnhaus umgebaut
Vermutlich war die Rußhütte nur etwa 20 Jahre in Betrieb, sagt Denkmalpfleger Martin Wenz. Danach habe man sie zu einem einfachen Wohnhaus umgebaut - mit mehreren Anbauten. Die habe man mittlerweile aber entfernt, sie standen auch nicht unter Denkmalschutz und waren in einem schlechten Zustand: "Noch vor einem Jahr konnte man kaum den Boden sehen, weil alles noch von dem Schutt der Einbauten bedeckt war."
Die Rußhütte kommt für die Gartenschau ins Christophstal
Nun zieht die Rußhütte also fünf Kilometer weiter ins Christophstal, auf das Gartenschaugelände - für rund 1,7 Millionen Euro. Viel Geld, aber den Großteil der Kosten trägt das Land. Die Stadt Freudenstadt übernimmt gut 200.000 Euro, um die Rußhütte so auszubauen, dass sie bei der Gartenschau als Ausstellungsort genutzt werden kann.
Ein Gebäude sei immer auch mit einem Ort verbunden, so Wenz. Der Umzug tue ihm "schon in der Seele weh". Aber: Der neue Standort passe. Denn das Tal sei ebenfalls ein historischer Produktionsort gewesen, dort wurden Holz, Eisen und Glas verarbeitet. Wichtig ist ihm, dass die Hütte am neuen Standort möglichst authentisch aussieht.
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