Mehrere hundert Menschen haben am Samstag in Tübingen demonstriert. Es ging um die Äußerungen von OB Palmer nach dem Tod eines jungen Gambiers. Er wurde am 23. März erstochen.
An der Kundgebung auf dem Tübinger Holzmarkt am Samstag haben nach Angaben der Veranstalter - darunter die Evangelische Kirche, Gewerkschaften und Flüchtlingsorganisationen - rund 500 Menschen teilgenommen. Sie erinnerten an den 23-jährigen Mann aus Gambia, der im Alten Botanischen Garten mit einem Messer angegriffen worden war. Er starb an den Folgen seiner schweren Verletzungen im Krankenhaus.
Mit der Kundgebung wollten die Veranstalter, über 30 Organisationen, nach eigenen Angaben der Wut Raum geben, die die "rassistische Instrumentalisierung" durch den Tübinger OB Palmer ausgelöst hatte. Er hatte wenige Stunden nach dem Tod des 23-jährigen Mannes aus Gambia das Opfer mit Drogenhandel in Verbindung gebracht. Und dies, bevor es die Polizei veröffentlichte. Auf Facebook hatte er erklärt, viele gambische Asylbewerber seien Drogenhändler. Die tödliche Messerattacke zeige, dass man durchgreifen müsse. Diese Äußerungen Palmers hatten einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
"Palmer sind Radwege wichtiger als die Menschenwürde"
Die Veranstalter kritisierten Palmers Kommentare als rassistisch. Die Wiederwahl Palmers im Oktober zeige, dass in Tübingen Radwege wichtiger seien als die Menschenwürde, so Sprecherinnen von Black Visions and Voices.
Auch Gemeinderäte kritisierten Palmers Kommentare
Mitglieder des Tübinger Gemeinderats kritisierten in ihrer Sitzung vergangenen Donnerstag diese schnelle Reaktion als pietätlos. Manche nannten sie rassistisch. Palmers Vorgehen sei eine "Masche". Palmer wolle mit immergleichen Grenzüberschreitungen nur Aufmerksamkeit erzeugen und wer darauf reagiert, trage dazu bei. Noch vor der Aussprache hatte Palmer in einer vorbereiteten Rede zum Teil Fehler eingeräumt.
Palmer: Sicherheitsgefühl in Tübingen leidet
Den Vorwurf des Rassismus hält Palmer für ungerechtfertigt. Aber er gehe selbstkritisch um "mit dem, was man als meinen blinden Fleck im Umgang mit Gefühlen anderer bezeichnen kann". In der Sache verteidigte Palmer seine Argumentation. Es gehe ihm darum, auch zu fragen, "ob genug für den Schutz vor solchen Angriffen getan wurde und getan wird". Er begründet das mit dem Sicherheitsgefühl in der Stadt.
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