Am Samstag konnte man das ehemalige Kaufhaus in Rottenburg ein letztes Mal besichtigen. Das Geschäft wurde bereits 2017 geschlossen. Die Stadt hat es gekauft und will es bald umbauen.
Das bekannte Gebäude auf dem Rottenburger Marktplatz soll bald von der Städtischen Baugesellschaft umgebaut werden. Davor konnten es Interessierte aber ein letztes Mal besichtigen und hinter die Kulissen blicken. Auf den Führungen durch das Haus ging es nicht nur in die früheren Verkaufsräume, sondern auch in zahlreiche Keller- und Lagerräume sowie die hauseigene Kapelle. Außerdem konnten die Besuchenden übrig gebliebene Waren und Möbel kaufen.
"Der Jeckel hatte alles"
Über 1.000 Besuchende waren es allein bis Samstagmittag, die noch einmal ins alte Kaufhaus drängten, schätzt der Veranstalter. Die Schlange reichte über den halben Rottenburger Marktplatz. Viele warteten über eine Stunde, um an einer Führung teilzunehmen. Für die meisten Menschen aus Rottenburg und Umgebung war das Kaufhaus Jeckel in der Kindheit die erste Anlaufstelle für alle möglichen Produkte. Beim Jeckel gab es zum Beispiel viel Porzellangeschirr, Gläser, Töpfe und Pfannen, erinnert sich eine Besucherin. Besonders hat ihr gefallen, dass es alle Produkte zu jeder Jahreszeit gab. Wenn man etwa zu Ostern Ausstecherle gesucht hat, dann gab's die nur beim Jeckel, so die Frau.
Jeder Zentimeter wurde genutzt
Während viele das riesige Gebäude mit den zahlreichen Lagerräumen zum ersten Mal erkundeten, war es für Margret Ott ein Wiedersehen. Die Rentnerin hat 40 Jahre lang im Kaufhaus Jeckel gearbeitet und kennt jeden Winkel. Auch die hauseigene Kapelle mit Stuckdecke und Altar. Nur einmal im Jahr, am Abend des ersten Adventssonntags, wurde hier ein Gottesdienst für Familie und Freunde gehalten.
Vollgestopft bis unter die Decke
Das ganze Haus war früher mit Waren vollgestopft, erinnert sie sich. Ungläubig schaute sie in die vielen leeren Schränke und Regale. In den großen Kellerräumen wurden zum Beispiel Töpfe und Pfannen gelagert, erinnert sie sich. An einem Regal hängt sogar noch eine handgeschriebene Preisliste von ihrem einstigen Chef Alfred Jeckel.
Im Erdgeschoss und im ersten Stock waren früher die Verkaufsräume, einen Stock höher hat die Familie Jeckel eine Zeit lang gelebt, weiß Margret Ott. Die Räume wurden später ebenfalls als Lager genutzt und so wurden in die früheren Schlaf- und Badezimmer einfach Kisten mit Porzellan und unendlich vielen Gläsern dazugestellt, sagt sie. Auch ganz oben auf der Bühne unterm Dach stapelte sich die Ware.
Förderverein engagiert sich
Dass die Führungen durch das ehemalige Kaufhaus Jeckel überhaupt möglich waren, ist dem Förderverein Kreuzerfeldhalle zu verdanken. Er hat die Städtische Baugesellschaft darum gebeten, das Gebäude der Öffentlichkeit ein letztes Mal zugänglich zu machen, sagt der Vorsitzende des Fördervereins Bastian Kaiser. Mit einem so großen Andrang hätte aber keiner gerechnet. Ganz Rottenburg und halb Stuttgart sei gekommen, so Kaiser scherzhaft.