Das Gestüt blickt auf eine lange Tradition zurück. Weit über die Landesgrenzen hinaus ist es für seine Pferde bekannt. Schon Queen Elisabeth soll einen Besuch geplant haben.
Nach den Überlieferungen ist das Haupt- und Landgestüt Marbach im Lautertal auf der Schwäbischen Alb über 500 Jahre alt und gilt als das älteste staatliche Gestüt Deutschlands. Betrieben wird es vom baden-württembergischen Landwirtschaftsministerium und findet sich in der Kombination von Haupt- und Landgestüt bundesweit so nur noch in Bayern und Brandenburg. Bekannt und berühmt ist das Gestüt für den Erhalt von Pferderassen, die vom Aussterben bedroht sind, wie den Schwarzwäldern oder den Altwürttembergern. Eine weitere Besonderheit stellen seine Ausbildungsmöglichkeiten zum Pferdewirt und die älteste Vollblutaraber-Zucht dar.
Gestüt Marbach mit über 500 Jahre langer Tradition
Die Gründung des Gestüts soll mitunter auf Eberhard im Bart, dem ersten Herzog von Württemberg zurückgehen. Aus der Geschichte geht hervor, dass der Herzog 1491 in der Nähe von Marbach (Kreis Reutlingen) ein Gestüt mit Pferden eingerichtet hatte. Neben Tieren aus einem zuvor von ihm bei Tübingen gegründeten Gestüt, nämlich dem Hofgestüt Einsiedel, soll er auch Pferde, die von Pilgerreisen ins Heilige Land mitgebracht oder aus Ungarn, Böhmen, Siebenbürgen, der Türkei und Holstein eingeführt worden waren, untergebracht haben. Im 16 Jahrhundert wurde der Sitz des Gestüts dann nach Marbach verlegt. 1514 wurde es erstmals urkundlich erwähnt.
1817 wurde Marbach zum Landgestüt des Königreichs Württemberg erhoben und erhielt die bis heute in nahezu unveränderter Bauweise bestehenden Gestütshöfe Offenhausen, St. Johann und Güterstein zugesprochen. Als 1816 die erste echte Vollblutaraberstute aus Syrien, Murana, nach Württemberg gebracht wurde, war der Grundstein für die älteste fortlaufende Vollaraberzucht gelegt. Seit über 200 Jahren werden im Gestüt Marbach nun Vollblutaraber gezüchtet. Wegen des Faibles des einstigen Königs von Württemberg, Wilhelm I, für die edlen Pferde mit all ihrer Schönheit und Ausdauer gelangten die Araber auf die Schwäbische Alb. Er verfügte sogar testamentarisch, dass seine Araberzucht niemals aufgelöst werden dürfe.
Parallel wurde von Wilhelm I auch die Zucht von leistungsfähigen und anspruchslosen Pferden für die Landwirtschaft, die den besonderen klimatischen Bedingungen des Landes gewachsen waren, betrieben. Bis heute ist die Zucht der Altwürttemberger für das Land eine wichtige Aufgabe, um den Bestand der alten Rasse zu erhalten.
Erhalt alter Pferderassen und denkmalgeschützter Anlagen
Im Mittelpunkt der heutigen Arbeit eines staatlichen Gestüts wie Marbach stehen der Erhalt alter Pferderassen oder die Ausbildung zum Pferdewirt, die ermöglicht altes Wissen weiterzutragen und lebendig zuhalten. Zudem, sagt Astrid von Velsen-Zerweck, Leiterin des Gestüts und Oberstallmeisterin, dem SWR, sei es wichtig, die denkmalgeschützten Anlagen für die Öffentlichkeit aufrechtzuerhalten und den immateriellen Wert zu bewahren.
Rund 500 Pferde sind auf dem Gestüt und den dazugehörenden Gestütshöfen St. Johann, Offenhausen und Güterstein untergebracht. Dazu gehören Fohlengruppen und Seniorenpferde, die von Privatbesitzern im Gestüt untergestellt werden dürfen. Laut der Gestütsleiterin steht im Fokus des Gestüts nach wie vor der landwirtschaftliche Betrieb. Das heißt, Futter für die Tiere werde selbst produziert und rund 600 Hektar Grünflächen stehen den Tieren zur Verfügung. Mit rund 40 Ausbildungsplätzen sei es der größte Ausbildungsbetrieb für den Beruf des Pferdewirts deutschlandweit. Auch die Landesreit- sowie die Fuhrschule ist an das Gestüt angeschlossen.
Besucher schätzen die Pflege der Pferde und des Gestüts
Bei den in den Ferien derzeit um 13:30 Uhr und 16 Uhr angebotenen öffentlichen Führungen wird die Begeisterung der Besucher für das Gestüt deutlich. Sogar aus Australien finden sie nach Marbach und bewundern die Araberpferde. Die Investitionen für den Erhalt alter Pferderassen und geschichtsträchtiger Gebäude sei wünschenswert und die Pferde lohnten einen Besuch. Auch die Kinder sind begeistert. Ein Mädchen sagt, die Pferde seien so schön und was ihr besonders gefalle, dass sie so glücklich aussähen.
Das Highlight erwartet die Besucher am Ende der Führung: Eine große, grüne Koppel mit weißen Araberstuten und ihren noch dunklen Fohlen. Jeden Tag dürfen die Pferde auf die Weide und nach Herzenlust grasen und über die Koppel springen. Die ersten Fohlen sind bereits im März geboren und kommen demnächst zur noch besseren Sozialisierung in eine Fohlengruppe nach St. Johann oder Offenhausen.
Queen soll Besuch geplant und bei Schiller gelandet sein
Auch die kürzlich verstorbene Königin Elisabeth II von England, die von Pferden begeistert war, habe dem Gestüt Marbach einen Besuch abstatten wollen. Der Legende nach soll es ein Versehen gewesen sein, dass sie im Schiller-Marbach am Neckar landete und nicht im Pferde-Marbach. Tatsächlich blieb der Anblick der Araber in Marbach auf der Schwäbischen Alb ihr zeitlebens verwehrt, erzählt die Gestütsleiterin. Ein paar Nachfahren von auf dem Gestüt geborener Pferde befänden sich allerdings im königlichen Marstall.
Jahr für Jahr ziehe das Gestüt aber Züchter und Kaufinteressenten aus aller Welt an, die davon träumten, ein Pferd aus Marbach zu bekommen. "Die allerbesten geben wir natürlich nicht weg", sagt die Gestütsleiterin. Die sollen nämlich noch lange für den Erhalt der Pferderassen auf dem Gestüt Marbach bleiben, um ihre Gene weitergeben zu können.
Skelett des königlichen Leibpferds Bairactar im Gestütsmuseum
Im Gestütsmuseum in Marbach kann man die Geschichte des staatlichen Haupt- und Landgestüts Marbach nochmal nacherleben. Und auch das Skelett des Leibpferds von Wilhelm dem I, Bairactar, mit dem bis 1838 gezüchtet wurde, ist im Museum ausgestellt. Sein Skelett wurde nach seinem Tod präpariert und zunächst in Hohenheim aufbewahrt.
Veranstaltungshöhepunkt: Hengstparade im Herbst
Der alljährliche Veranstaltungshöhepunkt des Gestüts mit Tausenden von Zuschauern findet wieder im Herbst statt: die Hengstparade. Bei der dreistündigen Vorführung am 24.9., dem 1.10. und dem 3.10. präsentiert das Gestüt seine edlen Pferde von ihrer schönsten Seite. Traditionell wird ein Gastland eingeladen. Das sind dieses Jahr die Niederlande, die ihrerseits ihre schönsten Pferde ins Lautertal bringen: die schwarzen Friesen mit ihren lockigen Mähnen.
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