Hugo Klaißle aus Freudenstadt ist 1940 von den Nazis in der Tötungsanstalt Grafeneck ermordet worden. Bei Kniebis im Schwarzwald wurde nun ein Gedenkstein für ihn enthüllt.
Über 10.000 Menschen haben die Nazis 1940 in der Gaskammer beim Schloss Grafeneck nahe Gomadingen (Kreis Reutlingen) ermorden lassen. Eines der Opfer war Hugo Klaißle, geboren in Kniebis bei Freudenstadt. Für ihn wurde am Mittwoch ein Gedenkstein enthüllt, der aber nach Angaben der Stadtverwaltung auch an die anderen Opfer des Euthanasie-Programms "Aktion T4" erinnern soll.
Verwandter hat Schicksal des Großonkels aus Kniebis erforscht
Friedhelm Flick, der Großneffe von Klaißle, hatte 2008 erfahren, dass sein Großonkel in Grafeneck ermordet worden ist. Klaißle galt als behindert und lebte bis zur Deportation in einer Einrichtung in Reutlingen.
Tausende nach Grafeneck deportiert
In grauen Bussen wurden zwischen Januar und Dezember 1940 über 10.000 Menschen aus vielen Regionen Süddeutschlands nach Grafeneck transportiert. In einer kleinen, zur Gaskammer ausgebauten Baracke auf dem Gelände der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt wurden sie getötet, ihre Leichen verbrannt. Am 27. September 1940 ereilte dieses Schicksal auch Hugo Klaißle. Er lebte zuvor aufgrund einer Behinderung im Reutlinger Heim Rappertshofen. Sein Großneffe Friedhelm Flick hat die Lebensgeschichte des Großonkels aufwändig recherchiert und sich schließlich für ein Gedenken eingesetzt.
Gedenkstein zwischen Freudenstadt und Kniebis
Auf einen Gottesdienst am Mittwochmorgen folgte eine Wanderung zur neuen Gedenkstätte, einem Stein beim B 28-Parkplatz zwischen Freudenstadt und Kniebis. Klaißles Großneffe Friedhelm Flick, der sich für einen Stein mit Gedenktafel eingesetzt hatte, trug symbolisch eine Urne. Gemeinsam mit Freudenstadts Bürgermeisterin Stephanie Hentschel enthüllte er dann das Mahnmal für die Opfer des Euthanasie-Programms. Laut Stadtverwaltung sind mindestens 30 Menschen aus Freudenstadt durch die T4-Aktion ums Leben gekommen. Auch die Namen dieser Opfer wurden verlesen.
Berlin wollte Geld für Kranke und Behinderte sparen
"Ein Geisteskranker kostet täglich etwa vier Reichsmark", ist in der Gedenkstätte Grafeneck in einem Brief aus der Berliner T4-Zentrale zu lesen. Dieses Geld wollte die NS-Regierung lieber für andere Zwecke ausgeben. Darum ließ sie gezielt Menschen mit Behinderung oder psychischen Krankheiten auswählen. Heil- und Pflegeeinrichtungen mussten die Menschen melden. Ein Hauptkriterium war die Arbeitsunfähigkeit der Betroffenen in den Anstaltsbetrieben. Deutschlandweit kamen so rund 70.000 Menschen auf die Todeslisten der T4-Aktion.