CureVac präsentiert seine neue mRNA-Produktionsstätte in Tübingen. Hier sollen Impfstoffe im großen Stil hergestellt werden. Ein marktreifes Produkt ist jedoch nicht in Sicht.
Die Firma CureVac war einer der großen Hoffnungsträger zu Beginn der Corona-Pandemie. Man hoffte, sie könne wichtigen Impfstoff produzieren. Nachdem das im ersten Anlauf nicht gelungen ist, versucht das Unternehmen wieder auf die Beine zu kommen - unter anderem mit einer Produktionshalle, in der im großen Stil mRNA-Medikamente hergestellt werden sollen. Diese Halle durfte jetzt zum ersten Mal besichtigt werden.
Curevac-Produktionsstätte: Im Gebäude darf nicht fotografiert werden
Seit Jahren baut CureVac an der Produktionsstätte im Tübinger Technologie-Park. 2017 war die Grundsteinlegung. Bald darauf stand der Rohbau. Dann hat sich, zumindest von Außen sichtbar, lange wenig getan. Das Gebäude war bisher der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Jetzt hat das Biotech-Unternehmen zum ersten Mal Journalisten und Oberbürgermeister Boris Palmer (grüne Parteimitgliedschaft ruht derzeit) in das neue Produktionsgebäude eingeladen.
Fotos, Film- und Tonaufnahmen waren allerdings strengstens untersagt. Grund sei der Schutz der Patente, betont Sprecherin Bettina Jödicke-Braas. Die Maschinen im Produktionsgebäude seien teils extra für CureVac gebaut worden. Fotos von ihnen sollen nicht nach außen dringen.
mRNA-Produktionshalle ist noch eine Baustelle
Über den matschigen Baugrund geht es zum Eingang des Gebäudes. Im Erdgeschoss herrscht noch totale Baustelle. Ein Bauarbeiter in orangener Weste saugt den Boden, es riecht nach Farbe. Das Presseteam lotst die kleine Gruppe schnell weiter in den Fahrstuhl. Es geht in eins der höheren Stockwerke - die sogenannte Produktionsebene zwei.
Hier ist der Bau schon recht weit: Türen und Lampen sind installiert. Vom Gang aus kann man in mehrere Laborräume durch Glasfenster sehen. Hier soll künftig unter Reinraumbedingungen sogenannte Plasmid-DNA hergestellt werden, ein Vorprodukt der mRNA, erklärt Peter Rose, der für den Betrieb des neuen Produktionsgebäudes zuständig ist. Ein Stockwerk tiefer soll die mRNA produziert werden. Noch fehlen aber einige Maschinen und die Zulassung von den Behörden.
Gebäude soll bis April 2024 in Betrieb gehen
Bis zum 1. April 2024 soll das Gebäude dann aber in Betrieb gehen, erklärt Malte Greune, Chief Operating Officer bei CureVac. Das muss es auch, wenn CureVac weiter im sogenannten Pandemiebereitschaftsvertrag bleiben und Geld von der Bundesregierung bekommen will.
Dann endet nämlich die im Vertrag vereinbarte zweijährige Qualifizierungsphase. Danach muss CureVac auf Abruf bis zu 80 Millionen Dosen mRNA-Impfstoff im Jahr produzieren können.
Immer wieder Verzögerungen bei CureVac
Die Fertigstellung der Produktionsstätte hat sich immer wieder verzögert. Ursprünglich hatte CureVac angekündigt, das neue Produktionsgebäude 2019 in Betrieb nehmen zu wollen. Damals war die Vision "den weltweit ersten Produktionsprozess für mRNA-Wirkstoffe in industriellem Maßstab" zu entwickeln. Mittlerweile ist die Konkurrenz, etwa das Mainzer Unternehmen Biontech, zuvorgekommen.
Laut Haas hängen die Verzögerungen unter anderem mit dem ersten gefloppten Corona-Impfstoff zusammen. Nachdem CureVac in der Hochphase der Pandemie seinen Impfstoff zurückgezogen hatte und ohne Produkt da gestanden war, hätten die Spezialfirmen, die die zur mRNA-Produktion benötigten Maschinen herstellen, andere Aufträge priorisiert.
Einige dieser speziellen Maschinen sind mittlerweile in der Produktionshalle installiert - man sieht große Metallbehälter, die über Rohre miteinander verbunden sind. Zwei Produktionslinien für mRNA soll es geben. Damit könnten 200 Gramm mRNA pro Woche hergestellt werden, sagt CureVac-Mitarbeiter Rose. Gerade würden die Maschinen getestet, erklärt er - bisher allerdings nur mit Wasser.
Was soll in der Produktionshalle produziert werden?
Ein marktreifes Produkt könnte auch noch nicht hergestellt werden. Bisher konnte CureVac noch keines seiner Produkte durch das Zulassungsverfahren bringen. Es scheiterte an den Ergebnissen der klinischen Studien am Menschen. Gerade führt CureVac wieder solche Studien mit neuen Covid-19-Impfstoffen und Grippe-Impfstoffen durch. Die Daten aus der laufenden Phase-1-Studie seien vielversprechend, so CureVac. Dazu, wann und ob die Impfstoffe in die nächste Testphase kommen, will sich das Unternehmen nicht äußern.
Auch im Bereich Krebstherapie ist noch kein marktreifes Produkt in Aussicht. Laut einer Sprecherin von CureVac sollen noch dieses Jahr zwei mRNA-basierte Krebs-Therapien in klinischen Studien am Menschen getestet werden. Das Unternehmen hatte schon einige Krebsmedikamente in klinischen Studien getestet, konnte diese aber nie zur Marktreife bringen.
Oberbürgermeister Boris Palmer hält an CureVac fest
Trotz Rückschlägen und Schwierigkeiten glaubt der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer weiter an das Potential von CureVac. Es sei gut zu sehen, dass es bei CureVac weitergeht, sagte er. Die mRNA-Technologie habe eine vielversprechende Zukunft. Schon jetzt hat CureVac über 1100 Mitarbeiter - davon seien rund 80 Prozent in Tübingen beschäftigt.
Auch Vorstandschef Haas zeigte sich optimistisch: Das erste Rennen um den Corona-Impfstoff habe zwar ohne CureVac stattgefunden. Ein weiteres Rennen ohne CureVac werde es aber nicht mehr geben. Mit der neuen Produktionshalle sei CureVac im weltweiten Vergleich auf dem neusten Stand und bestens gerüstet.