Am Donnerstag wurde Bundesminister Cem Özdemir (Grüne) offiziell Ehrenbürger von Bad Urach. Ein vorab groß angekündigter Protest der "Querdenker" fiel gering aus.
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) ist nun Ehrenbürger seines Geburtsorts Bad Urach. Der 58-Jährige erhielt die Auszeichnung bei einem Festakt in der Festhalle seiner Heimatstadt am Donnerstagabend. Bürgermeister Elmar Rebmann (SPD) sagte, Özdemir sei in seiner Karriere als Politiker stets seiner Heimat verbunden geblieben. Er habe sich um das Wohl und die Bekanntheit Bad Urachs (Kreis Reutlingen) verdient gemacht.
Cem Özdemir: Als Kind türkischer Gastarbeiter in Bad Urach geboren
Özdemir, Kind türkischer Gastarbeiter, habe bewiesen, dass sich Fleiß und Wille auszahlten. Der Grünen-Politiker sei damit Vorbild für viele Menschen mit Migrationshintergrund geworden. Freunde und Nachbarn hätten ihn in Bad Urach in seiner Kindheit und Jugend unter ihre Fittiche genommen, sagte Özdemir in seiner Ansprache. "Sie alle bestärkten mich, dass ich was aus meinem Leben machen kann." Fast 400 geladene Gäste waren beim Festakt dabei - und bei der Laudatio von Özdemirs ehemaliger Nachhilfelehrerin Irmgard Naumann mussten sie immer wieder herzlich lachen. In sieben Kapiteln hatte Naumann keck die wichtigsten Stationen ihres ehemaligen Schützlings und heutigen Freunds nacherzählt.
Der Grünen-Politiker hat eine enge Verbindung zu dem Ort. 1965 wurde Özdemir in Bad Urach geboren, ist im Zentrum der Stadt aufgewachsen und kommt beispielsweise zum traditionellen Schäferlauf immer wieder zurück in seine Heimatstadt. Özdemirs Eltern waren Anfang der 1960er-Jahre als Gastarbeiter aus der Türkei eingewandert und hatten sich erst in Deutschland kennengelernt.
Stuttgarter "Querdenker" wollten in Bad Urach mobil machen
Für den Festakt in Bad Urach hatten sich über den Messenger-Dienst Telegram auch Leute aus der "Querdenker"-Szene zu einem Protest angekündigt. Man wolle "dem BAUERN-MÖRDER zu seiner 'AUSZEICHNUNG' gratulieren", heißt es auf Telegram. Am Ende waren nur etwa 20 Landwirte gekommen, mit denen sich der 58-Jährige vor der Verleihung einer spontanen Diskussion gestellt hatte. Die Landwirte warfen dem Grünen-Politiker vor, ihnen mit immer neuen Auflagen und Regeln die Arbeit zu erschweren. Özdemir wehrte sich vor laufenden Kameras energisch gegen die Vorwürfe - und distanzierte sich dabei auch von der eigenen Partei. So habe er etwa in Brüssel möglich gemacht, dass der Schutzstatus des Wolfes abgesenkt wurde. "Ich halte die Versprechen, die die Schwarzen geben", rief Özdemir.
Auch habe er sich in der Bundesregierung in der Debatte um Subventionskürzungen für die Bauern erfolgreich eingesetzt. Zu Beginn seiner Amtszeit sei ihm aber ein Fass voller unerfüllter Versprechen überreicht worden, kritisierte Özdemir. Er höre immer gern zu, sagte Özdemir zu den Landwirten, aber er fordere auch die "Fairness, dass man einen nicht nach dem Parteibuch beurteilt, sondern nach dem, was man macht".
Erinnerungstour durch die Heimat
Zuvor war Özdemir im Laufe des Donnerstags in der Heimat auf Spurensuche gegangen. Unter anderem war er auch zum Verein "Freies Kinderhaus" nach Reutlingen gekommen. Dort hat Özdemir seine Ausbildung zum Erzieher abgeschlossen.
Weitere Haltestellen: Der Kindergarten "Grünes Herz" und die Geschwister-Scholl-Realschule in Bad Urach. Dort hat der spätere Bundesminister vor Jahrzehnten seine ersten Bildungsschritte getan. Mittlerweile strebt Özdemir an, neuer Ministerpräsident zu werden. Vor Kurzem hat er bekannt gegeben, bei der Landtagswahl 2026 antreten zu wollen.
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