In Bad Urach-Hengen soll das Gewerbegebiet erweitert werden. Einige Bürger vermuten, dass Amazon dort bauen möchte. Bei einer Diskussion forderten sie von der Stadt mehr Transparenz.
Ein Versandriese vor der Haustüre? Könnte bald Realität werden, da ist sich Hermann Kiefer, ein Unternehmer aus Hengen, sicher. Für ihn ist klar: Die Stadt Bad Urach verhandelt schon seit zwei Jahren über eine Niederlassung von Amazon im Gewerbegebiet in Hengen - aber hinter verschlossenen Türen. Weil er möchte, dass darüber öffentlich gesprochen wird, hat er eine Diskussion organisiert. Mit dabei: der stellvertretende Bürgermeister von Bad Urach, Michael Schweizer.
Kommt ein Amazon-Lager nach Bad Urach-Hengen? Darum geht's
Dass das Gewerbegebiet in Bad Urach-Hengen erweitert wird, sei seit Jahren beschlossen, sagt Hermann Kiefer. In unterschiedlichen Gesprächen habe er dann immer wieder von einer Firma gehört, die sich dort niederlassen will.
Bad Urachs Bürgermeister habe außerdem von einer großen Veränderung, die positiv für die Stadt sei, geredet. Und irgendwann fiel dann im Zusammenhang mit dem Gewerbegebiet der Name Amazon, sagt er. Dann sei er Schritt für Schritt an mehr Informationen gekommen und habe festgestellt: Über ein mögliches Amazon-Lager verhandele man im Gemeinderat bereits seit zwei Jahren - in nichtöffentlichen Sitzungen.
Kiefer geht davon aus, dass die Stadt mit Amazon bereits einen Vorvertrag geschlossen hat. Er vermutet, dass dieser Vertrag eine Verschwiegenheitserklärung beinhalte. Das sei der Grund, so Kiefer, warum niemand aus dem Ortschafts- und Gemeinderat mit ihm darüber reden wolle und warum der Name "Amazon" nicht genannt werde.
Bürger fordern bei Diskussion in Bad Urach mehr Beteiligung
Knapp 80 Leute sind am Donnerstagabend in das Gasthaus Krone gekommen. Der Saal war voll. Die Stimmung ruhig, aber angespannt. Viele Bürger waren frustriert darüber, dass die Stadt sich bisher nicht zu möglichen Gesprächen mit Amazon geäußert hat. Mehrmals wurde mehr Bürgerbeteiligung gefordert. Bei einzelnen Forderungen von Kiefer, etwa dass es einen Bürgerentscheid über ein mögliches Amazon-Lager geben soll, wurde laut geklatscht.
Keine Auskunft der Stadt zu möglichen Gesprächen mit Amazon
Den Fragen der Bürger stellte sich unter anderem der stellvertretende Bürgermeister der Stadt, Michael Schweizer (CDU). Mit 14 bis 20 Interessenten habe die Stadt bereits Gespräche geführt, so Schweizer. Unter anderem mit DB Schenker, ergänzt der Hengener Ortsvorsteher Gerhard Stooß (fraktionslos). Die seien aber wieder abgesprungen. Bisher habe man noch "keine Nägel mit Köpfen gemacht", also keine vollendeten Tatsachen geschaffen, so Stooß.
Was ist der Grund für die Verschwiegenheit der Stadt? Mehrmals verwiesen Schweizer und Stooß auf die Gemeindeordnung für Baden-Württemberg. Da steht: Wenn es "berechtigte Interessen Einzelner erfordern", kann nichtöffentlich verhandelt werden. Dazu zähle auch eine Firma. Bei der Vereinbarung von Nichtöffentlichkeit könne man sich zu laufenden Gesprächen eben nicht äußern.
So reagiert der Konzern Amazon
Auch von Amazon kommt keine klare Antwort zu einem möglichen Standort in Hengen. "Grundsätzlich schauen wir uns deutschlandweit eine Vielzahl von Standorten an und wägen eine Vielzahl von Faktoren ab. Wir haben keine Ankündigung zu einem solchen Standort gemacht", heißt es auf SWR-Anfrage.
Geht es in Hengen auch um Kritik an Amazon?
Der Online-Versandhändler Amazon steht immer wieder in der Kritik - zum Beispiel wegen der Arbeitsbedingungen in Logistikzentren oder weil sich andere Händler unter Druck gesetzt fühlen und fairen Handel verhindert sehen. In Tübingen wurde zum Beispiel über die Ansiedlung des Konzerns heftig gestritten.
Auch in der Diskussion am Donnerstagabend kam Kritik an Amazon auf. Der US-Konzern umgehe Steuerzahlungen, hieß es zum Beispiel von einer Teilnehmerin. Hermann Kiefer betont aber, dass es ihm nicht darum gehe, für oder gegen Amazon zu sein. Er wünscht sich erst einmal Transparenz.
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