Wenn es zu wenig regnet, verziehen sich Regenwürmer in tiefere Erdschichten und auch Kleinstlebewesen schrauben ihre Aktivitäten herunter. Das ist schlecht für Boden und Ökosystem.
Sie sind enorm wichtig für unsere Böden: Kleinstlebewesen wie der Regenwurm sorgen dafür, dass Totholz abgebaut und fruchtbarer Humus produziert wird. Sie helfen bei der Speicherung von Kohlenstoff und beeinflussen die Wasserqualität. Doch auch Regenwürmer leiden zunehmend unter den Folgen des Klimawandels. Vor den Auswirkungen steigender Temperaturen und fehlender Niederschläge auf Regenwürmer und Kleinstlebewesen in Acker- oder Waldboden warnen Expertinnen und Experten in Baden-Württemberg.
Wegen zu wenig Regens seit Mai könnte auf Regenwürmer ein schwieriges Jahr zukommen. "Je nachdem wie es mit dem Wetter weitergeht, könnte es eng werden", sagte der Agrarbiologe Otto Ehrmann aus Creglingen (Main-Tauber-Kreis), der deutschen Presse-Agentur. "Zwei trockene Jahre in Folge wären sehr schlecht" für die Regenwürmer.
Trockenheit bremst Nahrungsaufnahme unf Fortpflanzung von Regenwürmen
Die Regenwurm-Population war schon in den Dürrejahren 2015 und 2018 eingebrochen. Zwar seien Regenwürmer an normale Trockenperioden recht gut angepasst. Sie zögen sich in tiefere Erdschichten zurück oder lebten ohnehin in tieferen Gängen. Manche überbrückten Trockenzeiten in einer Art Starre in Höhlungen im Boden. Allerdings hindere sie die Trockenheit an Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung. Nach einem sehr trockenem Sommer schlüpften deutlich weniger junge Regenwürmer als in normalen Jahren.
Ehrmann arbeitet derzeit daran, den Bestand der Tiere zu erfassen und unter anderem den Einfluss des Klimawandels auf die Population zu untersuchen. Zudem soll dieses Jahr eine von ihm betreute Langzeitstudie zur Veränderung der Regenwurmpopulationen in den Südwest-Wäldern Baden-Württembergs als Folge des Klimawandels erscheinen.
Regenwurm und Kleinstlebewesen regulieren Böden
Regenwürmer seien für die Qualität der Böden eminent wichtig, sagte der Landwirtschaftsreferent des Naturschutzbundes (NABU) Jochen Goedecke. Mit ihren Gängen durchlüfteten sie die Böden und machten sie gleichzeitig durchlässiger für Wasser. Aber auch auf Kleinstlebewesen in der Erde wie Pilze, Bakterien und Fadenwürmer hätten höhere Temperaturen und wenig Regen Auswirkungen. "Jede Struktur, jeder Prozess hat seine optimale Temperatur", sagte er. "Wenn die weiter ansteigt, können auch diese Organismen nicht mehr so aktiv sein."
Abläufe wie etwa der Abbau von Totholz und andere für die Umgebung und die Böden wichtige Verrottungsprozesse würden unterbrochen oder zumindest nicht mehr so gut funktionieren.
Klimawandel beeinflusst Leben im Boden und damit die Bodenqualität
Auch Sarah Bluhm, Expertin für Boden und Umwelt bei der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) in Freiburg warnt vor Problemen. Klimawandel und aufeinanderfolgende heiße Sommer werden laut Bluhm auf das Leben im Boden und damit auf die Bodenqualität auswirken. Wie genau, sei aber noch unklar. Die Kleinstlebewesen seien sehr divers, schwer zu bestimmen, "die Abläufe im Boden so komplex, dass es schwer zu sagen ist, wie sich das System entwickelt".
Das Bodentiermonitoring stecke insgesamt noch in den Kinderschuhen. Allgemein aber könne man sagen, dass im Boden lebende Pilze oder Bakterien inaktiv werden, wenn es zu trocken und kein verfügbares Wasser in der Nähe sei.
Die Organismen die den Boden zersetzen leiden unter dem Klimawandel
Eine Studie in der Schweiz habe gezeigt, dass es im trockenen Teil eines Waldes weniger Humus gebe. Bei einem Versuch wurde demnach ein Teil eines Waldes künstlich bewässert und mit einem sich selbst überlassenen Teil des selben Waldes verglichen. Das zeige: die den Boden zersetzenden Organismen litten unter dem Klimawandel. Wenn im Klima-Extremfall Bäume wegen der Trockenheit massenhaft absterben, wie das in kleinem Maßstab jetzt schon zu beobachten sei, "dann werden wir eine massive Veränderung der Gemeinschaft im Boden und damit der Qualität des Bodens erleben", sagte die Biologin.
Positiv sei, dass Laub oder Totholz zersetzende Kleintiere sehr resilient und in der Lage seien, schlechte Bedingungen lange zu kompensieren. Insgesamt könne ihre Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bodenlebewesen seien an der Speicherung von Kohlenstoff und der Rückführung von Nährstoffen beteiligt und hätten damit auch Einfluss auf die Wasserqualität.
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Aber auch Ehrmann und Goedecke zeigten sich zuversichtlich, dass es den kleinen Lebewesen im Boden bald wieder besser gehen könnte. "Grundsätzlich können Regenwurm-Populationen sich gut erholen", betonte Ehrmann. Auch 2003 sei schon ein extrem trockenes Jahr gewesen, sagte Goedecke - aber auf lange Sicht habe das bisher zumindest nicht so wahnsinnig viel ausgemacht.