In dem Musical "Company" fragt sich die Hauptperson Bobby, ob er heiraten soll. Auf der Suche nach einer Antwort besucht er befreundete Ehepaare und seine Affären - Eine Kritik.
Überraschung! Zu seinem 35. Geburtstag schmeißen Bobbys Freunde eine Party. Seine Freundinnen und befreundeten Ehepaare sind gekommen. Wie wäre es also, wenn er auch mal ans Heiraten denkt?! Vielleicht ist die Ehe ja eine tolle Sache? Das will Bobby herausfinden und singt und spielt sich durch die unterschiedlichen Beziehungen. Mein Name ist Chris Libuda und ich hatte das Vergnügen, bei der Premiere von "Company" im Theater Freiburg dabei zu sein.
"Company": ein Musical aus New York
Es gibt ja Musicals und Musicals. Es gibt Kitsch-und-Schmalz-Shows, in der die Sängerinnen und Sänger so überwältigt von ihren Gefühlen sind, dass sie nicht mehr reden können und das Singen anfangen. Dann gibt es (zum Glück) interessante Musicals wie "Company". Die Lieder kommentieren die Geschichte, ironisch, witzig und werden, das widerspricht sich ja nicht, sehr gefühlvoll vorgetragen. "Company" spielt in New York der 1960er Jahre und das ist leider der (einzige) kleine Haken an der Geschichte. Aber dazu später mehr.
Ein Bühnenbild mit neonbunten Buchstaben
Riesige Buchstaben aus Holz und Stahl stehen auf der Bühne und bilden zusammen das Wort "Company". In jedem dieser Riesen-Buchstaben lebt ein Paar – zusammen sind sie die Gang, die Kumpels, die Hood, eben die "Company". Jedes dieser neonbunten Buchstabenhäuser würde ich sofort in mein 300-Quadratmeter-Loft stellen, wenn ich denn eines hätte. Die Crew des Freiburger Theaters hat sich, was Kulisse, Bühnenbild, Farben und Licht angeht, mal wieder selbst übertroffen. Bravo!
Zwei Ehen, zwei Geschichten.
Das erste Ehepaar, in dessen Alltag Bobby (Jakob Kunath) eintauchen darf, ist, sagen wir mal so: gestresst. Der Mann (Victor Calero) will nicht mehr saufen, die Frau (Janna Horstmann) will dringend Diät machen. So fighten sie gegen ihre Süchte und in herrlich unterhaltsamen Showkämpfen über die Bühne. Das Publikum freut und entspannt sich: heute Abend ist Unterhaltung angesagt, auch mal schön! Aber eins ist schon mal klar: so eine Ehe will keiner, auch Bobby nicht. Also vielleicht die nächste? In holländisch-orange gekleidet kifft sich ein anderes Paar (Maeve Höglund und Lorenz Kauffer) durchs Leben. Harmonisch aber auf Dauer vielleicht auch langweilig. Oder die beiden, die sich lieben, aber gerade scheiden lassen? Oder doch mit der Geliebten ins Bett und einfach sie heiraten? Alles nicht so doll. Aber dann kommt der Höhepunkt.
Neues Publikumsliebling am Theater Freiburg
Nein, Bobby wird nicht heiraten. Sondern Amy. Gespielt vom neuen Publikumsliebling und auch ich oute mich als Fan: der Mezzosopranistin Lila Crisp. Ihr sängerisches und komödiantisches Talent ist überragend. Sie trägt das weiße Kleid und den Schleier, soll heiraten und überlegt es sich doch noch anders. Komisch und tragisch und mitreißend: alles zugleich. Allein für diesen Part hat sich der Besuch gelohnt.
Ist Heiraten noch zeitgemäß?
Zu Beginn versetzt der Regisseur das Stück in die Gegenwart, indem er Bobbys Geburtstagsgäste mit Handys rumfuchteln und alles filmen lässt. Dann wird in dem zeitlosen Bühnenbild die Frage "Ehe oder nicht" gestellt. In den 1960er Jahren mag noch entscheidend gewesen sein, ob man verheiratet ist. Heute ja wohl hoffentlich nicht mehr. Die Handys auf der Bühne und den Sprung in die Gegenwart habe ich als merkwürdig, sogar störend empfunden in einem Stück, dass sich mit einer Frage beschäftigt, die vor 50 Jahren viel wichtiger war als heute. Aber was soll's: das Freiburger Publikum und ich haben den Abend genossen und gefeiert.