Alle zehn Jahre werden die Wälder in ganz Deutschland untersucht. Das Fazit für Baden-Württemberg ist ernüchternd: Für die Klimaneutralität braucht es mehr Holz.
In den vergangenen drei Jahren hat Dominik Cullmann von der Forstlichen Versuchsanstalt Baden-Württemberg mit Sitz in Freiburg regelmäßig Bäume ausgemessen: Den Durchmesser, die Höhe, die Baumart – eine solche Inventur findet alle zehn Jahre in ganz Deutschland statt. Bisher sei der Holzvorrat in Deutschland stetig angestiegen, sagt Cullmann. 2012 gab es in Deutschland so viel Holz in den Wäldern wie seit Jahrhunderten zuvor nicht mehr, hieß es bei der letzten Bundeswaldinventur. Doch dieser Trend wurde durchbrochen.
Holzvorrat im Wald wächst wegen Dürren nicht mehr weiter
Weder schrumpft die Holzmasse im Wald, noch wächst sie. Das liege an den Dürrejahren ab 2018 und darauffolgenden Schäden, wie etwa durch den Borkenkäfer, so Cullmann. Es brauche aber mehr Holz, um die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, sagt Landwirtschaftsminister Cem Özdemir von den Grünen bei der Vorstellung des Waldinventurberichts in Berlin. Durch die vielen Schäden gebe der Wald inzwischen mehr Kohlenstoff ab, als er speichert. Und damit verschlechtert sich die Klimabilanz in Deutschland sogar.
Fichte leidet langfristig an Klimaveränderungen
Mehr Holz wäre nötig, um wieder mehr Kohlenstoff im Wald zu binden. Fichten wachsen schnell und bringen viel Holz in kurzer Zeit. Sie werden aber häufig durch Mischwälder ersetzt. Denn Fichten haben besonders mit Trockenheit und Schädlingen zu kämpfen. Ein Zustand, der laut Cullmann durch den Klimawandel vermutlich weiter verstärkt wird.
In den letzten Jahrzehnten wurden viele kleine Schritte zu mehr Durchmischung der Wälder und mehr Laubholz-Anteilen gemacht, so Cullmann. Das Dilemma zwischen mehr Holz als Kohlenstoffspeicher oder mehr Mischwald müsse aber politisch ausgehandelt werden.
BW-Forstminister will Waldbesitzer beim Umbau unterstützen
Baden-Württembergs Forstminister Peter Hauk (CDU) bezeichnete die Ergebnisse der jüngsten Bundeswaldinventur als "wichtige Grundlage für eine nachhaltige Forstwirtschaft". Der schnell verlaufende Klimawandel überfordere die natürliche Anpassungsfähigkeit der Wälder, daher sei ihr Umbau dringend erforderlich, betonte er. Es gelte nun, Waldbesitzer und Forstleute dabei zu unterstützen. Der Anteil von Mischwäldern auf Landesflächen betrage inzwischen knapp 90 Prozent und sei damit deutlich höher als vor 35 Jahren. Gleichzeitig sei der Anteil der Fichtenwälder zurückgegangen.
Angesichts der abnehmenden Kohlenstoffspeicherfähigkeit trotz Verbesserungen der Waldstruktur sprach der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Forstleute, Dietmar Hellmann, von einem alarmierenden Ergebnis. Er forderte weitere Anstrengungen in Bund und Land, um den Klimawandel einzudämmen.
So sieht der Wald in Baden-Württemberg aus
Fast 39 Prozent der Landesfläche in Baden-Württemberg ist Wald, deutlich mehr als im bundesweiten Durchschnitt von 32 Prozent. Die Gesamtfläche von etwa 1,3 Millionen Hektar ist im Vergleich zu 2012 fast gleich geblieben. Die Menge an Holz ist allerdings leicht zurückgegangen. Das liegt besonders an der Fichte, die acht Prozent ihres Bestandes verloren hat. Dafür gibt es geringfügig mehr Buchen und Eichen. Laubbäume wachsen auf etwa 47 Prozent der Waldfläche.
Mehr Totholz in Wäldern
Die Menge an Totholz - also abgestorbene Bäume - ist weiter gestiegen. Mehr als acht Prozent des Holzes im Wald ist Totholz. Gleichzeitig sind die Bäume im Schnitt älter geworden. Fast 30 Prozent sind älter als 100 Jahre.
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