Ein Jahr Krieg gegen die Ukraine, ein Jahr Ukraine-Nothilfe von Caritas international. Es ist einer der größten humanitären Einsätze in der Geschichte der Hilfsorganisation.
Am 24. Februar 2022 sind russische Truppen in die Ukraine einmarschiert. Unmittelbar danach war Caritas international vor Ort und organisierte die Nothilfe. Möglich wurde sie durch eine große Spendenbereitschaft.
Überwältigende Spendenbereitschaft
Der Krieg in der Ukraine machte sich schnell auch in Deutschland bemerkbar. Die Energiepreise stiegen und mit ihnen die Lebenshaltungskosten, hinzu kam die Inflation. Dennoch gab es in der Bevölkerung eine große Unterstützung und viel Solidarität für die Ukraine. Auf das Spendenkonto von Caritas international gingen bis zuletzt über 74 Millionen Euro ein - ein Rekordwert. Zum Vergleich: 2021 wurden für die Flutkatastrophe 49,5 Millionen Euro gespendet.
Fast acht Millionen Menschen flüchteten seit Kriegsbeginn in die Nachbarländer, nahezu sechs Millionen flohen von der Front in westliche Landesteile. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs waren in Europa nicht mehr so viele Menschen auf der Flucht. Hinzukommt: Infolge der russischen Militäroffensive sind bereits 7.000 Zivilpersonen getötet und 12.000 verletzt worden. Ferner sind in der Ukraine 17,7 Millionen Menschen dringend auf Hilfe angewiesen.
Nothilfe für 2,3 Millionen Binnenflüchtlinge
Caritas international und die mehr als 2.700 Mitarbeitenden von Caritas Ukraine haben inzwischen fast 2,3 Millionen Binnenflüchtlinge erreicht und sie mit Essen, Kleidung, Medikamenten und Unterkunft, zuletzt auch mit Brennmaterial und Stromgeneratoren versorgt. In Städten und Ortschaften sind mobile Teams unterwegs, die Lebensmittel und warme Mahlzeiten an kranke und alte Menschen verteilen.
Gefährlicher Einsatz der Caritas-Mitarbeitenden
Man gewöhnt sich an den Kriegszustand, berichtet Henrike Bittermann, Mitarbeiterin von Caritas international in Lwiw. Wegen Luftalarms meldet sie sich aus einem Luftschutzkeller, was zeigt, wie gefährlich die Arbeit vor Ort ist.
Vor einigen Wochen gerieten zwei Caritas-Kollegen in Frontnähe unter Beschuss und erlitten Verletzungen. In Mariupol am Asowschen Meer wurde Mitte März das Caritas-Zentrum zerstört, sieben Menschen kamen dabei ums Leben. Insgesamt wurden 62 humanitäre Helferinnen und Helfer getötet oder verletzt.
Langfristige Unterstützung nötig
Oliver Müller, der Leiter von Caritas international, rechnet damit, dass seine Organisation noch lange in der Ukraine gebraucht wird - für Nothilfe und auch für den Wiederaufbau. Er fordert die Bundesregierung auf, die Hilfsorganisationen langfristig dabei zu unterstützen. Zudem sei es wichtig, psycho-soziale Hilfen anzubieten, damit die Menschen ihr Kriegstrauma bewältigen können.
Solche Angebote sind auch in Deutschland für die vielen Geflüchteten, die hier Obdach gefunden haben, nötig. So steht auch der Deutsche Caritasverband vor großen Herausforderungen. Die Integration der vielen ukrainischen Geflüchteten muss laut Caritas forciert werden. Denn angesichts des Krieges, dessen Ende noch nicht in Sicht ist, ist mit einer Rückkehr der Menschen vorerst nicht zu rechnen. Im Gegenteil, viele Ukrainerinnen und Ukrainer wollen dauerhaft in Deutschland bleiben. Für Unterbringung, Spracherwerb, Kinderbetreuung, psychologische Hilfestellungen, berufliche Integration brauche es also noch größere Ressourcen.
Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa verweist darauf, dass drei Viertel der Geflüchteten Frauen sind. Diese Frauen seien zum großen Teil mit ihren Kindern geflohen. Insgesamt rechnet die Caritas-Präsidentin mit etwa 356.000 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, für die es nun ein Angebot brauche. Besonders kritisch sei die Situation im Vorschulbereich: Etwa 80 Prozent der unter Dreijährigen und 40 Prozent der über Dreijährigen hätten keinen Kitaplatz, so Welskop-Deffaa. Doch ohne Kinderbetreuung sei eine Berufstätigkeit der Mutter und somit eine Integration nicht möglich.
Im Krisenmodus bleiben
Zusammen mit zahlreichen engagierten Haupt- und Ehrenamtlichen versucht die Caritas mit verschiedensten Hilfsangeboten, diese Herausforderung zu stemmen. Ziel müsse nun sein, sich langfristig auf eine Zuwanderung einzustellen. Hier sei auch der Staat in der Pflicht, fordert die Caritas-Präsidentin. Denn Flucht und Migration seien dauerhafte Phänomene und würden bleiben.
Integrationshilfe in Deutschland und humanitäre Hilfe in der Ukraine sind für die Caritas alternativlos. Auch im zweiten Kriegsjahr geht die Unterstützung der katholischen Hilfsorganisation unvermindert weiter.