Ausgerechnet einen Baukran hat sich dieses Storchenpaar vor drei Jahren als Nistplatz ausgesucht. Seitdem gibt es eine Zweckgemeinschaft zwischen Bauunternehmen und Storchennachwuchs.
Wenn Regine Ingold den Baukran ihrer Firma im Schallstädter Gewerbegebiet bewegt, geht ein Stockwerk höher die wilde Karussellfahrt so richtig los. Seit drei Jahren ist hoch oben auf ihrem Kran das Zuhause einer Storchenfamilie.
Der Kran dreht sich - die Störche bleiben trotzdem
Der Kran von Familie Ingold steht auf ihrem Bauhof. Dort lagert alles, was das kleine Familienunternehmen für die Baustellen braucht: Leitern, Stützen, Holzplatten. Der Kran verlädt das Material auf die Baustellenfahrzeuge.
Als Regine Ingold vor drei Jahren bemerkte, dass die Störche erste Hölzer und Gestrüpp auf ihrem Kran abluden, um sich dort ein Nest zu bauen, versuchte sie den Bau vorerst zu verhindern. "Ich habe drei Wochen lang mehrmals am Tag den Kran bewegt, damit sich die Störche einen anderen Platz suchen", sagt Ingold. Dann habe sie schließlich aufgegeben. Die Störche blieben hartnäckig.
Die Karussell-Störche haben wieder Junge
Nach Auftauchen der neuen Bauhofbewohner holte sich Familie Ingold Hilfe bei Gustav Bickel vom Verein "Weisstorch Breisgau". Bickel hatte die Idee, ein kleines Podest auf den hinteren Teil des Kranes zu bauen. Auf diesem Podest nisten die Störche seitdem.
Auch in diesem Jahr gab es wieder Nachwuchs. Drei Jungstörche sind im Nest, die optisch kaum mehr zu unterscheiden sind von ihren Eltern - nur Schnabel und Füße verraten sie. Diese sind nämlich noch dunkel und nicht so rot wie bei den erwachsenen Tieren. "Die haben hier die beste Aussicht auf ihr Futtergebiet", sagt Bickel. An die Bewegungen des Kranes seien die Störche von klein auf gewöhnt.
Storchennester entfernen ist verboten
Bei einer großen Storchenfamilie fällt auch so mancher Kot runter auf den Bauhof der Ingolds. Regine Ingold sagt, die Störche hätten die Baufirma schon einige tausend Euro gekostet: die Reinigung der Kranseile und sogar der Hubmotors des Krans habe bereits ausgetauscht werden müssen. Die Bauteile seien vom Kot der Störche verklebt gewesen. Und auch für ihre Mitarbeiter sei es an manchen Tagen ein Zickzack-Lauf, um nicht Opfer einer Kot-Attacke von oben zu werden.
Es sei schon ein sehr spezieller Fall, sagt Kilian Dorbath vom Naturschutzamt der Stadt Freiburg. "Der Weißstorch steht unter Artenschutz, daher darf seine Fortpflanzungsstätte, also sein Horst nicht entfernt werden", sagt Dorbath. Dafür gebe es zwar Ausnahmen, allerdings nur bei Gefahrenlagen.
Gustav Bickel vom Storchenverein sieht es mit den Karussell-Störchen so: "Es wäre ein größeres Problem für die Baufirma, wenn man die Störche jetzt vertreibt. Dann versuchen sie es nämlich wieder an den unmöglichsten Orten auf dem Gelände. Dann ist das eine endlose Geschichte".
Und so bleiben die Störche erstmal weiter hoch oben auf dem Baukran. In wenigen Wochen starten die Jungstörche dann von hier aus ihre ersten Flugversuche.