Schüler des Kollegs St. Blasien haben die Geschichte der Juden in der Stadt aufgearbeitet. Ein Ergebnis sind Stolpersteine, die vor ihren ehemaligen Wohnhäusern verlegt wurden.
Am Mittwoch sind in Sankt Blasien (Kreis Waldshut) insgesamt neun Stolpersteine verlegt worden. Sie erinnern an Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden. Schüler hatten die Geschichte der Menschen im Unterricht erforscht.
Seit Schuljahresbeginn beschäftigt sich ein Seminarkurs des Kollegs St. Blasien mit der Geschichte von Bürgerinnen und Bürgern, die während des NS-Regimes in der Stadt im Kreis Waldshut ihre Heimat verloren haben. Die Schülerinnen und Schüler haben die Biografien von neun Menschen recherchiert. Zum Gedenken an diese von den Nazis verfolgten Frauen und Männer haben sie in der Domstadt Stolpersteine verlegt. Dabei nahmen auch Nachfahren der Vertriebenen aus dem Ausland teil.
Juden mussten aus St. Blasien fliehen
"Die allgemeine Judenverfolgung im Dritten Reich nahm mir die wirtschaftliche Existenz und machte das Leben in Deutschland unerträglich", schrieb der jüdische Fotograf Alexander Mendelssohn am 27. Januar 1954. Er war vor den Nazis aus St. Blasien geflohen und schließlich in Uruguay gelandet, wie der Seminarkurs herausfand. Auch Jesuitenpater Alois Grimm bekam ein einen Gedenkstein. Er wurde 1944 von den Nazis hingerichtet. Zahlreiche Details zu den Lebensläufen der Verfolgten sind von den Schülern und Lehrern zusammengetragen worden. Dabei seien sie den Menschen so nahe gekommen, wie sie es sich vorher nie hätten vorstellen können, berichtet Joana aus dem Seminarkurs.
Angehörige der NS-Verfolgten nehmen an Verlegung teil
Für die Recherche nahm der Kurs auch Kontakt zu Nachfahren in den USA, Kanada oder Großbritannien auf. Einige waren zur Stolpersteinverlegung auch gekommen. Mitschülerin Viktoria freut sich darüber: "Es freut mich, dass alle daran so interessiert sind. Und vor allem, dass die Nachfahren so begeistert und so dankbar sind. Das freut mich total.“
Gemeinderat musste Stolpersteinverlegung zustimmen
Damit es überhaupt so weit kommen konnte, mussten die Schülerinnen und Schüler beim Gemeinderat einen Antrag einbringen. Denn für die Verlegung von Stolpersteinen ist die Zustimmung der Stadt und des Gemeinderats erforderlich. Daher hat der Kurs das Projekt mehrfach vor dem Gremium vorgestellt. Grünes Licht gab es dann in der Sitzung vom 8. November 2022. Das Votum war einstimmig, alle - inklusive Bürgermeister Adrian Probst - unterstützten die Initiative. Hinzu kam, dass viele Menschen aus der Stadtgesellschaft Patenschaften für die Stolpersteine übernommen haben.
Bedenken gegen die Stolpersteinverlegung
Allerdings gab es im Vorfeld der Verlegung auch Konflikte. Der jüdische Kaufmann Gustav Grumbach war in den 1930er Jahren aus St. Blasien vor den Nazis ins Ausland geflohen. Sein Kaufhaus verkaufte er in letzter Minute an einen St. Blasier. Ein Teil der Familie, die heute dort immer noch ein Geschäft betreibt, soll nach Auskunft der Projekt-Beteiligten starke emotionale Bedenken gegen die Verlegung der Stolpersteine geäußert haben. Inzwischen haben jedoch Gespräche stattgefunden und alle Stolperstein wurden, wie von den Schülern geplant, vor den früheren Wohnhäusern der jüdischen Familien verlegt.