Baden? Am liebsten im Winter! Mit Neoprenanzug und knalloranger Mütze schwimmt Konrad Richter aus Hohentengen fast täglich im Rhein. Im eiskalten Wasser tankt er Ruhe und Kraft.
Auch wenn die ersten Sonnenstrahlen Wärme versprechen: Noch sind es draußen nur einstellige Temperaturen und das Wasser im Rhein ist eiskalt. Zu kalt für ein gemütliches Bad, müsste man meinen. Doch Konrad Richter aus Hohentengen (Kreis Waldshut) sieht das ganz anders: Für ihn ist der Rhein zum Schwimmen im Winter am allerschönsten.
Vor dem Tauchgang: Rheinschwimmer prüft Wasserstand und Strömung
Jeden Morgen nach dem Aufstehen tritt Konrad Richter an sein Wohnzimmerfenster und schaut auf den Rhein: Ist die Oberfläche glatt und ruhig, ist das ein gutes Zeichen. Bei Wind wird das Schwimmen gefährlich und unangenehm. Über das Schweizer Bundesamt für Umwelt prüft er die Hydrodaten: Wie ist der Wasserstand? Wie groß ist die Strömungsgeschwindigkeit? Nur wenn er gefahrlos und ohne Risiko schwimmen kann, steigt er ins Wasser.
Schwimmen bei 7 Grad Wassertemperatur: "Ein kleines Verlangen"
Die Temperaturen sind für Richter eher nebensächlich. Die Lufttemperatur liegt an diesem Tag bei 7,7 Grad Celsius. Die Wassertemperatur bei 6,8 Grad. Der Himmel ist leicht bewölkt und erst langsam kommt die Sonne durch. Für den leidenschaftlichen Rheinschwimmer sind das fast schon ideale Verhältnisse. Er liebt es, wenn die Sonne nach dem Bad im kalten Rhein herauskommt und ihn wärmt.
Das morgendliche Schwimmen ist für Konrad Richter über die Jahre hinweg zu einem Ritual geworden. Wenn er keine Zeit hat oder das Wetter nicht mitspielt, bekomme er aber keine schlechte Laune deshalb, versichert er. Doch er habe über die vielen Jahre fast so etwas wie ein Verlangen nach dem Schwimmen entwickelt. Er begann im Sommer zu schwimmen, aber als die Saison vorbei war, wurde er traurig und verlängerte die Saison. Inzwischen schwimmt er das ganze Jahr über. Seit einigen Jahren dokumentiert er seine Schwimmrunden und -zeiten: Zuletzt war er in einem Jahr an 205 Tagen im Wasser.
Lieblingsbadesaison im Winter
Am liebsten schwimmt Konrad Richter im Winter. Dann sei das Wasser besonders klar und weich auf der Haut, erzählt er. Zudem rieche es im Winter besonders gut. Nur im Winter habe er den Rhein für sich alleine, denn es gebe keine Boote oder andere Schwimmer im Rhein. Er fühle sich eins mit dem Fluss und spüre, wie ihm das Schwimmen Kraft und Energie spende. Während manchen ihre Ideen unter der Dusche einfallen, bekomme er die besten Ideen beim Schwimmen im Rhein, sagt Konrad Richter lachend, während er voller Vorfreude durch das Gartentor seines Hauses marschiert und auf dem Rheinuferweg zur Einstiegsstelle am Hohentenger Schwimmbad läuft.
Während er seinen kurzen Neoprenanzug, die Schwimmschuhe, die Handschuhe und seine knallorange Mütze anzieht und schwimmen geht, macht sich seine Frau Ruth für einen Spaziergang bereit. Häufig begleitet sie ihren Mann und spaziert am Ufer entlang. So geht sie sicher, dass ihr Mann wieder gut ankommt. Auch wenn Konrad Richter für den Fall der Fälle immer eine Schwimmnudel dabei hat, so ist das Bad im eiskalten Wasser für den Rentner doch anstrengend. Wie lange er das noch machen kann? Darüber macht er sich keine Gedanken, denn das Schwimmen ist für ihn kein Leistungssport, sondern eine Sache, die ihm gut tut und Freude macht. Solange das so ist, wird er weiterschwimmen - auch im Winter.
Lebensmittelpunkt am Rhein
Aber es ist nicht nur das Schwimmen, was das Ehepaar Richter ans Wasser zieht. Es sind vor allem die Natur und die Ruhe am Fluss. Sie kennen den Rhein bei Hohentengen nun schon seit mehr als 30 Jahren und damit in- und auswendig, aber sie finden den Anblick jeden Tag aufs Neue spannend. Sie schauen sogar mehrmals am Tag von ihrem Wohn-, Ess- und Schlafzimmerfenster aufs Wasser. Die beiden sind selbstständig und haben ihre Büroräume extra so ausrichtet, dass sie den Rhein immer sehen können. Sie war Journalistin und Buchautorin, er Fotograf und Autor. Auch beim Arbeiten ist der Rhein immer an ihrer Seite. Sie können sich ein Leben woanders als am Wasser kaum mehr vorstellen.