Im Land fehlen Lehrkräfte. Zugewanderte Lehrerinnen und Lehrer könnten helfen, aber die Hürden sind hoch. Nun hilft die Pädagogische Hochschule Freiburg mit einem neuen Programm.
Die Pädagogische Hochschule (PH) Freiburg will zugewanderten Lehrkräften den schwierigen Weg an Schulen in Baden-Württemberg erleichtern. Sie müssen Deutsch auf Muttersprachniveau sprechen und in der Regel ein zweites Fach nachstudieren. Daran schließt sich noch eine Art einjähriges Referendariat an, der "Anpassungslehrgang". Auf diesem etwa dreijährigen Weg will die PH Freiburg Lehrkräfte aus dem Ausland nun begleiten, insbesondere mit gezielten, berufsbezogenen Sprachkursen.
Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördern das neue Programm "Hochschulzertifikat für Lehrkräfte mit ausländischem Hochschulabschluss" (HOLA) im Rahmen der sogenannten Fachkräfteinitiative.
Zwölf Jahre als Lehrerin in der Türkei gearbeitet
Sükran Cekic hat in der Türkei Mathematik studiert und zwölf Jahre lang unterrichtet, bis sie aus politischen Gründen nach Deutschland auswanderte. Hier kamen ihre beiden Kinder zur Welt. Sie würde gerne wieder als Mathelehrerin arbeiten. Dazu braucht sie in Baden-Württemberg, wo die Anforderungen höher sind als in anderen Bundesländern, exzellente Deutschkenntnisse und ein zweites Fach neben ihrem anerkannten Mathestudium.
Die PH Freiburg will sie auf die anspruchsvolle C2-Deutschprüfung vorbereiten. Darüber hinaus geht es um die Fachdidaktik und Fachsprache im Lehrerzimmer, bei Elterngesprächen oder eben im Unterricht mit den Schülerinnen und Schülern. Auch zum Ablauf des Studiums eines zweiten Fachs will die Hochschule informieren. Etwa zu den Fragen: Wie schreibe ich eine Hausarbeit? Und wie bereite ich eine Klausur vor?
Hürden für zugewanderte Lehrkräfte weiter hoch
Das heißt also für Sükran Cekic: Nochmal studieren, bestimmt zwei Jahre lang - mit kleinen Kindern. Ob die zugewanderte Mathelehrerin Bafög bekommt, ist noch nicht geklärt. Ebenso wenig wie ihr Einkommen im anschließenden verkürzten Referendariat, das auch noch mal ein Jahr dauert. Da ist in Baden-Württemberg offenbar noch einiges zu regeln, damit Lehrkräfte mit ausländischem Abschluss wirklich an die Schulen kommen. Das neue Programm ist nur ein Anfang.
Potenzial und neue Perspektiven für die Integration
Dass die Schulen von den zugewanderten Lehrkräften nur profitieren können, ist für HOLA-Projektleiterin Nadja Wulff von der PH Freiburg klar. Denn den Schulen fehlen nicht nur Lehrkräfte, sondern dort sind zunehmend auch Fremdsprachen gefragt: Inzwischen habe mehr als ein Drittel der Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund, sagt Wulff.
Das Interesse der Lehrkräfte aus dem Ausland am neuen Angebot der PH Freiburg ist groß. Zur Auftaktveranstaltung sind mehr als doppelt so viele gekommen wie erwartet: mehr als 30 studierte Lehrerinnen und Lehrer, die gerne in Deutschland unterrichten würden.
Besser auf Kinder mit Migrationsgeschichte eingehen
Auch Oksana Dunets aus der Ukraine würde gerne als Lehrerin an einer deutschen Grundschule arbeiten und mit den Kindern dort neben Deutsch auch mal in ihren Muttersprachen sprechen. Sie hat in der Ukraine Englische Philologie und Literatur studiert und arbeitet im Breisgau aktuell für eine private Sprachschule. Sie spreche auch Polnisch, Russisch und Spanisch, sagt sie. Nun will sie für den C2-Deutschtest büffeln und sich den Herausforderungen im deutschen Schuldienst stellen.
Denn wann sie in ihre Heimat zurückkehren kann, ist offen. Deshalb möchte sie in Deutschland eine sichere berufliche Perspektive entwickeln - in einem Beruf, in dem Personal gesucht ist.
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