In Folschviller im französischen Departement Moselle lagert natürlicher Wasserstoff im Boden. Es ist das bisher womöglich größte bekannte Vorkommen weltweit. Bald soll es nutzbar sein.
Am Oberrhein machen sich große Industriebetriebe, Energieversorger und Gasnetzbetreiber Gedanken, wie in den kommenden Jahren ausreichend grüner Wasserstoff bereitgestellt werden kann - in der französischen Grenzregion Grand Est lagern große Mengen natürlichen Wasserstoffs im Boden. Entdeckt haben diese wertvolle Ressource Wissenschaftler aus Nancy, darunter Jaques Pironon, der an der Université de Lorraine zu Geologie und Rohstoffen forscht. SWR-Reporterin Christine Veenstra hat mit ihm über die Bedeutung des Funds gesprochen.
SWR: Herr Pironon, das war ein Zufallsfund, den Sie da im vergangenen Jahr gemacht haben, nicht wahr?
Jaques Pironon: Ja. Wir hatten gar nicht nach Wasserstoff gesucht, sondern nach Methan, ein Gas, das in Kohlelagerstätten eingeschlossen ist.
Eine unserer Aufgaben war es, ein Instrument zu entwickeln, mit dem man in Bohrlöcher hineinkommt und dort unten das Vorkommen von Gasen messen kann, die mit Methan verbunden sind. Wir machten diese Messungen und wir erlebten eine Überraschung: Wir fanden dort Wasserstoff. Nahe der Erdoberfläche war die Konzentration zunächst schwach. Je weiter wir in dem Bohrloch nach unten kamen, desto höher wurde aber der Wasserstoff-Anteil im Untergrund. Bis wir in 1.200 Metern Tiefe bei 20 Prozent ankamen.
Welche Bedeutung hat denn dieses Vorkommen? Wie groß ist es und welche Qualität hat das Gas?
Wir gehen davon aus, dass wir im Lothringischen Becken eine Wasserstoff-Lagerstätte in einer Größenordnung von etwa 60 Millionen Tonnen haben. Das ist bisher die höchste geschätzte Mengenangabe, die für ein Wasserstoffvorkommen abgegeben wurde. Wichtig zu wissen ist, dass sich Wasserstoff nicht zu einer Gasblase formiert, sondern im Grundwasser gelöst ist - so wie Gas, das in einer Flasche Champagner oder einer Flasche Bier gelöst ist.
Da wir sehen, dass die Konzentration des Wasserstoffs mit zunehmender Tiefe linear ansteigt, nehmen wir an, dass die Zone der Wasserstoff-Bildung tiefer liegt als der Bereich, in dem wir gemessen haben. Wir gehen davon aus, dass wir in 5.000 Metern Tiefe ein Gas vorfinden, das hauptsächlich aus Wasserstoff besteht und unter starkem Druck steht - also mehrere hundert bar. Wenn es da Methan gibt, ist das wohl nur ein kleiner Anteil. Also der Hauptteil des Gases in 5.000 Meter Tiefe unter unseren Füßen ist Wasserstoff.
Wie kann uns diese Ressource denn weiterhelfen? Können Sie diesen Wasserstoff von dort unten hochholen?
Unser Ziel ist es, nur den Wasserstoff an die Oberfläche zu holen und so wenig Materie wie möglich aus dem Untergrund zu entnehmen - also minimal-invasive Technologien zu benutzen. Wir wollen also kein Wasser hochpumpen, um das Gas an der Oberfläche zu extrahieren. Wir wollen eine Technologie entwickeln, die es uns erlaubt, das Gas in der Tiefe zu extrahieren und es dann heraufzuholen und an die Abnehmer weiterzugeben. Wir haben uns auf drei Jahre Forschung festgelegt, um besser zu verstehen, wie die Entstehung von Wasserstoff im Lothringer Becken funktioniert und um eine Technologie zu finden, mit der sich der Wasserstoff effektiv ausbeuten lässt. In fünf Jahren sollten wir in der Lage sein, einen Piloten für die Produktion zu starten.
Viele Firmen im deutsch-französischen Grenzgebiet haben schon für die kommenden Jahre recht hohe Wasserstoff-Bedarfe angemeldet. Glauben Sie, dass man die Industrie bei uns schon ab 2028 oder 2030 mit dem nötigen grünen Wasserstoff versorgen kann?
Nach den Rückmeldungen, die wir haben, ist man auf europäischer Ebene ein bisschen sehr optimistisch gewesen, was die Produktion von grünem Wasserstoff angeht - also Wasserstoff aus erneuerbaren Energien wie Photovoltaik. Sowohl was das Volumen der Erträge angeht, als auch mit Blick auf die Technik - also die Frage, ob man in der Lage ist, große Elektrolysatoren herzustellen, die große Mengen Wasserstoff produzieren können.
Man hat überschätzt, wie viel grüner Wasserstoff produziert werden kann. Deshalb gibt es jetzt viele Fragen und auch ein bisschen Panik. Das ist jedenfalls, was wir um uns herum beobachten. Wir, die wir nicht in dieser Branche drin sind.