Sie kann schädlich sein - für Mensch, Tier und sogar Pflanze: Lichtverschmutzung. Eine Naturschützerin klärt über die Folgen von künstlichem Licht in der Nacht auf.
Sie sind überall: Straßenlaternen, Bodenstrahler, Wandleuchten. Wenn man mal darauf achtet, merkt man erst, wie viele es eigentlich sind. Dabei kann künstliches Licht in der Nacht ungesund sein. Zumal manches davon vermeidbar wäre.
Licht ist wie ein Magnet für Insekten
"Das da ist eine Katastrophe. Man kann gar nicht hinschauen, weil es blendet." Regina Weinrich zeigt auf einen Strahler, der hoch oben an einem Hausdach in Gundelfingen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) befestigt ist. Der ganze Vorplatz wird davon beleuchtet, obwohl hier kaum jemand ist. Insekten werden von genau so einem grellen Licht angezogen - würden dann so lange darum kreisen, bis sie vor Erschöpfung sterben, erklärt Weinrich. Die Gundelfingerin ist Naturschützerin und aktiv beim BUND. "Wir haben ohnehin schon einen krassen Schwund an Insekten, wir können uns gar nicht leisten, dass noch mehr sterben", sagt sie.
Sterben Insekten, hat das einen Domino-Effekt: Vögel haben dann weniger zu fressen. Wichtige Bestäuber fallen weg, wie Schmetterlinge, von denen laut Weinrich 80 Prozent nachtaktiv sind. Überhaupt sei die Hälfte aller Tierarten nachts unterwegs. Auch Fledermäuse würden unter dem Licht bei Nacht leiden. Zu grelles Licht meiden sie. Oder Glühwürmchen, die dann nicht mehr von ihren potentiellen Partnern gesehen werden. Die Liste ist lang.
Lichtverschmutzung hat Auswirkungen auf Pflanzen
Wenn nun die Nacht immer mehr zum Tag wird, dann sei das problematisch, so die Naturschützerin: "Der Tag- und Nacht-Rhythmus ist in jeder Zelle drin und wenn man den stört, dann hat das ganz gravierende Folgen." Und das auch bei Pflanzen.
Bei ihrem Rundgang durch Gundelfingen sieht Weinrich viele Straßenlaternen. Manche leuchten auf Bäume, die direkt daneben wachsen. Das sei nicht gut. Bäume, die nahe an Straßenlaternen stehen, würden später ihre Blätter abwerfen, erklärt Regina Weinrich: "Wenn dann Frost kommt, sind sie wesentlich anfälliger." Sie schlägt vor: Straßenlaternen zwischen 22 Uhr abends und sechs Uhr morgens stark zu dimmen.
Auf das richtige Licht kommt es an
Regina Weinrich ist nicht per se gegen Licht. "Licht ist etwas ganz Tolles", beteuert sie. Es gehe ihr um Licht "am falschen Ort, zur falschen Zeit, in der falschen Farbe und der falschen Intensität". Ein Stück weiter entdeckt sie Bodenstrahler, die grell-weiß eine Hausfassade beleuchten. Bodenstrahler sind für Weinrich ein No Go. Die würden keinen richtigen Nutzen haben, leuchten stattdessen in den Nachthimmel und würden so immens zur Lichtverschmutzung beitragen.
Gesundheitliche Folgen für Menschen
Was die Farbe angeht: Am besten ein warmes, gelbliches Licht. Denn solche mit hohem Blauanteil sind problematisch. Blaues Licht sorge dafür, dass weniger vom Schlafhormon Melatonin ausgeschüttet wird, erklärt Dieter Riemann, leitender Psychologe an der Klinik für Psychatrie und Psychotherapie des Uniklinikums Freiburg. Das kann den Tag-Nacht-Rhythmus von Mensch und Tier durcheinander bringen. Denn nur in der Dunkelheit produziert der Körper Melatonin.
Die innere Uhr kommt ins Ungleichgewicht
Gerät die innere Uhr aus dem Gleichgewicht, schlafen wir weniger. Zieht sich das über Wochen, könne sich der Schlafmangel auf Konzentration und Leistung auswirken bis hin zu Depressionen, sagt Riemann. "Vieles spricht auch dafür, dass gestörter Schlaf durchaus auch ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch Übergewicht bedeuten kann", sagt er.
Immer mehr nächtliche Beleuchtung
Der Himmel wird mittlerweile massiv von künstlichem Licht erhellt: Mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung lebte schon im Jahr 2016 mit Lichtverschmutzung. Das dokumentierte der Weltatlas der Lichtverschmutzung, der von internationalen Wissenschaftlern herausgegeben wurde.
Trotz aller Warnungen: Die nächtliche Beleuchtung nimmt immer mehr zu. Laut Regina Weinrich weltweit bis zu zehn Prozent pro Jahr. Sie vermutet als Grund für den Licht-Anstieg LED, "weil Strom einfach zu billig ist". Und häufig auch aus Unwissenheit heraus, sagt Weinrich. "Es ist ein Thema, das zwar eigentlich schon lange da ist, aber für viele immer noch relativ neu." Und genau deshalb will Regina Weinrich weiterhin auf das Thema aufmerksam machen, ein Thema, das alle Lebewesen betrifft.
Was jede und jeder gegen Lichtverschmutzung tun kann
- Außenbeleuchtung sparsam einsetzen
- Licht mit geringem Blauanteil nutzen. Besser: gelbliches Licht
- Zeitschaltuhren und Bewegungsmelder einbauen
- Leuchtmittel niedrig anbringen, sodass der Lichtkegel gering ist
- Leuchtmittel verwenden, deren Gehäuse nicht heißer als 60 Grad werden
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