In Titisee-Neustadt im Schwarzwald sind einige Bewohner genervt, denn Füchse werden dort zunehmend zur Plage. Die Wildtiere kommen gefährlich nah. Das Problem: Viele sind krank.
Vania Kirner aus Titisee-Neustadt füttert ihren Kater draußen nur noch direkt aus der Hand. Das muss sie machen, denn täglich streifen Füchse durch ihren Vorgarten. Das Katzenfutter könnte die Wildtiere anlocken. Eine Nachbar-Katze sei bereits getötet worden. Auch ihr Kater Xerxis wurde schon attackiert, erzählt Kirner.
Vania Kirner musste dazwischen gehen, um Schlimmeres zu verhindern, sagt sie. Ein Risiko, denn sie selbst habe Angst. Die Neustädterin leidet unter einer Autoimmun-Erkrankung. "Es hat mit meiner Haut und der Schleimhaut zu tun. Es ist nicht ganz ungefährlich. Für mich könnte es wirklich problematisch werden." Ihr Arzt habe ihr geraten, sie solle einfach mit Mundschutz und Handschuhen rausgehen. Auf dem eigenen Grundstück sieht sie das aber nicht ein.
Füchse im Schwarzwald werden für Anwohnerin zur Plage
Es sei eine Plage, sagt Kirner. Mit etlichen Bildern und Videos dokumentiert sie die aktuelle Situation. Ein Beispiel: Ihr Mann habe im Liegestuhl gelegen, "plötzlich war der Fuchs direkt neben ihm - Auge in Auge", erzählt sie. Auch ihrem Sohn sei das schon passiert. "Er hat das erst gar nicht mitbekommen", weil er in sein Smartphone vertieft gewesen sei. Die Füchse würden zudem Pflanzen kaputtmachen, auf die Polster der Gartenmöbel pinkeln und gefährlich nah kommen. Der Fuchs im Vorgarten - in Titisee-Neustadt fast schon normal.
Schwerkranke Füchse werden zum Problem für Titisee-Neustadt
Ein beauftragter Jäger hat mit einer Lebendfalle bereits vier Füchse in Kirners Vorgarten gefangen, drei davon schwer krank – Fuchsräude. Das Krankheitsbild: Entzündete Haut, löchriges Fell und Gestank. Der Jäger nimmt die Tiere zwar mit, doch es kommen immer wieder neue Füchse.
Anfang dieser Woche gab es einen runden Tisch mit Experten im Rathaus von Titisee-Neustadt. Mit dabei: Vania Kirner und der Bürgermeister Gerrit Reeker. Er sagt, dass der Fuchs hier in der sogenannten Wälderstadt ist, müsse man akzeptieren.
Fuchsräude, Staupe und Bandwurm. Das seien Krankheiten, die auf andere Haustiere übergehen können und "in seltenen Fällen auch für den Menschen gefährlich werden können“, sagt Bürgermeister Reeker, der nun gemeinsam mit dem Landratsamt nach einer Lösung sucht. Doch einen schnellen Ausweg scheint es derzeit nicht zu geben, meinen auch die Wildtier-Experten der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden Württemberg mit Sitz in Freiburg.
FVA-Wildtier-Institut fordert mehr Aufklärung
Die Fachleute der FVA sehen die Wildtier-Problematik als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Der Mensch nehme dem Tier immer mehr Platz weg. "Das führt dazu, dass es immer öfter zu räumlichen Überschneidungen von Mensch und Wildtier kommt. Die betreffenden Tiere durch Abschuss oder Fang zu beseitigen, löst Probleme jedoch nur in wenigen Einzelfällen", sagt Mara Ziemlich vom FVA-Wildtier-Institut.
Das Thema Wildtiere im urbanen Raum werde uns als Gesellschaft zwangsweise immer intensiver beschäftigen, weswegen es früher oder später eigene Ansprechpartner in den Verwaltungen dafür geben muss, fordert die FVA. Aufklärungsarbeit, am besten schon im Schulunterricht, könne dabei Ängste nehmen und durch richtiges Verhalten Konflikten vorbeugen.
Kanada sei ein gutes Beispiel. Dort sei es selbstverständlicher, dass Wildtier und Mensch aufeinandertreffen, "da ist man sehr viel geübter darin, nichts liegen zu lassen, was fressbar ist“, sagt die Wildtier-Expertin.
Sie meint, wir bräuchten mehr Wildnis in unseren industriell- und urbangeprägten Räumen. "Generell werden wir uns mit Wildtieren als unseren Nachbarn arrangieren müssen, die Tiere werden nicht einfach wieder gehen", so Ziemlich.