Menschen in Freiburg, manche mit deutsch-französischer Staatsangehörigkeit, und auch viele im Elsass freut, dass der extrem rechte Front National nicht gewonnen hat. Reaktionen.
Der befürchtete Rechtsruck ist in Frankreich bei den Parlamentswahlen ausgeblieben. In der entscheidenden Runde landete der extrem rechte Rassemblement National (RN) nur auf Platz drei - auch im Elsass. Dort wählten die meisten Menschen Macrons Bündnis Ensemble. In Straßburg setzte sich der links-grüne Nouveau Front populaire (NFP) durch. Die Republikaner holten im Elsass zwei Wahlkreise. Landesweit liegt in Frankreich die links-grüne Neuen Volksfront NFP vorn. In Straßburg sind viele Menschen über den Wahlausgang erleichtert, auch wenn die Situation kompliziert bleibt.
Umfrage unter Passanten in Straßburg zur Parlamentswahl:
Erleichterung auch am Deutsch-Französischen Gymnasium in Freiburg
Am Deutsch-Französischen Gymnasium in Freiburg sind Schülerinnen und Schüler wie auch Lehrkräfte und Schulleitung erleichtert über das Wahlergebnis in Frankeich. Manche haben eine doppelte Staatsbürgerschaft und befürchteten schon persönliche Nachteile.
Denn der rechtsradikale RN hatte Berufsausschlüsse für Doppelstaatsbürger im öffentlichen Dienst in Aussicht gestellt. "Das bedeutete zum Beispiel, dass ich nicht Politikerin werden könnte", sagt die Schülerin Camille Guiter. Sie fände es erschreckend, dass Binationale einfach so eingeschränkt werden könnten. Auch der 17-jährigen Rania Seiter hat das Sorgen bereitet. Ein Teil ihrer Familie stamme aus Marokko, erklärt sie, lebe aber mit doppelter Staatsbürgerschaft in Frankreich.
"Wir sind eine ganz besondere Schule," sagt Schulleiter Joachim Schmelz, "wir haben alle mitgezittert". Die deutsch-französische Freundschaft hänge natürlich auch an den Fäden der großen Politik, da sei es schon eine Gefahr, wenn extrem Rechte mächtiger würden.
Joachim Schmelz, Schulleiter des Deutsch-Französischen Gymnasiums in Freiburg:
Freiburger Politikwissenschaftler: politische Verhältnisse ungeklärt
Der Freiburger Politikwissenschaftler Marcus Obrecht warnt davor, die Ergebnisse allzu positiv für eine Unterstüzung Macrons zu bewerten. Der extrem rechte RN habe in ganz Frankreich die meisten Stimmen bekommen, auch wenn bei den Mandaten die links-grüne Neue Volksfront vorne liege, erklärt Obrecht. Das komme auf Grundlage des Wahlsystems zustande. Der RN habe gute Chancen, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen an die erste Stelle zu kommen. Insbesondere könnte die Partei jetzt womöglich noch weiter profitieren, meint Obrecht, von den Unsicherheiten, die mit dem unklaren Wahlergebnis ins politische System kämen.
Die links-grünen Parteien der Neuen Volksfront NFP hatten sich erst vor wenigen Wochen für die Parlamentswahl zusammengeschlossen. Bei der Europawahl am 9. Juni waren sie noch einzeln angetreten.
Andreas Jung (CDU) hofft, dass Frankreich nicht in eine Krise stürzt
Auf Frankreichs Präsident Emmanuel Macron komme eine schwierige Regierungsbildung zu, fürchtet der südbadische CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung. Mit dem Ausgang der Wahl zugunsten des links-grünen Bündnisses hatte auch er nicht gerechnet. Nun sei die Frage, meint er, "ob die gemäßigten Kräfte der breiten Mitte mit Macrons Partei, mit moderaten Konservativen und mit gemäßigten Sozialdemokraten eine Mehrheit finden können, ohne die Extremen rechts und links."
Der - auch intern umstrittene - Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon hatte nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen Macron aufgefordert, das siegreiche Linksbündnis an der künftigen Regierung zu beteiligen. Der amtierende Premier Gabriel Attal hatte zuvor eine Regierungszusammenarbeit mit der Linkspartei La France Insoumise von Mélenchon explizit ausgeschlossen. Sollten sich die Parteien nicht auf einen gemeinsam Kurs einigen, droht nach Ansicht von Jung eine Hängepartie. Er ist Mitglied der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung und des Deutsch-Französischen Ausschusses für grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
Andreas Jung, CDU-Bundestagsabgeordneter über die Wahl in Frankreich:
Evelyne Gebhardt (SPD): "Nicht die Tradition der Koalition“
Auch die SPD-Europa-Politikerin Evelyne Gebhardt fürchtet, dass die Regierungsbildung in Frankreich nicht leicht werde. Denn dort seien die Parteien und Politiker ungeübt in der Gestaltung von Koalitionen. Die frühere Vizepräsidentin des EU-Parlaments ist trotzdem erleichtert über den Wahlausgang.
Weiterer Rechtsruck bei Parlamentswahl in Frankreich gestoppt SPD-Europa-Politikerin Gebhardt: Regierungsbildung wird nicht leicht
Die deutsch-französische SPD-Europapolitikerin Evelyne Gebhardt aus Schwäbisch Hall ist erleichtert, dass ein weiterer Rechtsruck in Frankreich vorerst gestoppt wurde.