Der dramatische Ärztemangel in Baden-Württemberg wird vor allem auf dem Land sichtbar. Viele Praxen mussten bereits schließen. Ein junger Arzt ging deshalb in den Hochschwarzwald.
In Baden-Württemberg fehlen aktuell rund 900 Hausärztinnen und Hausärzte. Und die Zahl der fehlenden Ärzte steigt eher, als dass sie sinkt: Viele Praxen finden keine Nachfolge. Junge Ärztinnen und Ärzte zieht es eher in die Städte, einige scheuen die Verantwortung einer Praxis - inklusive Mitarbeiterschaft. Die Folge: mehr Menschen bleiben unversorgt, vor allem auf dem Land.
Angeworben vom Ärztehaus
Auch eine Praxis in Grafenhausen im Hochschwarzwald (Kreis Waldshut) hat lange nach einer Nachfolge gesucht. Durch gezieltes Anwerben haben sie Richard Kalkreuth gefunden. Der junge Arzt ist Anfang 30 und hat in Leipzig, Freiburg und Berlin studiert. Auch in einer Klinik in Luxemburg hat er Erfahrungen gesammelt. Seit einigen Wochen kümmert er sich jetzt um Patientinnen und Patienten im tiefen Hochschwarzwald.
Viel zu tun auf dem Land
Von wegen auf dem Land ist nichts los: Richard Kalkreuths neuer Arbeitsalltag auf dem Land ist durchgetaktet: Jeden Tag pendelt der 34-Jährige von Freiburg nach Grafenhausen. Zwanzig Kilometer von hier, in Waldshut-Tiengen, hat Richard Kalkreuth einen Teil seiner Jugend verbracht. Jetzt macht er seinen Facharzt für Allgemeinmedizin. Die nächsten zwei Jahre will er noch viel lernen, eine Praxis auf dem Land sei dafür ideal.
Bessere Einblicke in die Bandbreite der Medizin
Zum Arbeitsalltag gehören auch Hausbesuche. Er muss zu Patienten auch in den umliegenden Orten fahren, die es schwer haben, selbst in die Praxis zu kommen. Wie der 92-jährige Karl Hirzle. Die enge Bindung zu den Patienten und Patientinnen als Landarzt ist laut Kalkreuth etwas ganz Besonderes. Und der Besuch zu Hause - etwas sehr Persönliches.
Lange Suche nach einem Nachfolger
Vier Jahre lang hatte man im Ärztehaus in Grafenhausen vergeblich versucht, weitere Ärztinnen oder Ärzte für das Medizinische Versorgungszentrum zu gewinnen. Umso erleichterter ist Chef Markus Bohl jetzt über seinen Neuzugang. Er sei "ein Glücksgriff", wie Markus Bohl sagt.
Versorgungslücken auf dem Land spürbar
Auch die Patientinnen und Patienten sind froh, dass Richard Kalkreuth gewonnen werden konnte. Auf dem Land sind sie besonders auf Ärzte wie ihn angewiesen. Angela Knittle ist Mutter und dankbar, denn auf dem Land haben auch viele Kinderarztpraxen inzwischen schließen müssen.
Zukunft auf dem Land denkbar
Zwei Jahre macht Richard Kalkreuth nun die Ausbildung zum Facharzt in Grafenhausen. Wie es nach den zwei Jahren weitergeht, ist für ihn noch offen. Auf dem Land zu bleiben, wäre eine Option. Kalkreuth schätzt die Ruhe und die Umgebung, die er zwischen Patientenbesuchen ab und zu genießen kann. Bei einem Alltag in einem medizinischen Beruf sei dies für ihn sehr wichtig.
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