Marburger Bund vertritt Ärztin

E-Mail als Kündigungsgrund? Entlassene Ärztin vor Arbeitsgericht in Freiburg

Stand
Autor/in
Anita Westrup
Anita Westrup ist Reporterin und Redakteurin im SWR Studio in Freiburg.

Am Josefskrankenhaus in Freiburg ist eine Ärztin entlassen worden. Grund war wohl eine E-Mail. War die Kündigung rechtmäßig? Damit hat sich das Freiburger Arbeitsgericht befasst.

Der Fall einer fristlos gekündigten Ärztin hat am Donnerstag das Arbeitsgericht in Freiburg beschäftigt. Bei dem sogenannten Gütetermin trafen die beiden Streitparteien aufeinander: der Anwalt des Krankenhausträgers (Artemed-Gruppe) und die junge Ärztin, die von der Ärztegewerkschaft Marburger Bund juristisch vertreten wird.

Zu der öffentlichen Sitzung kamen Dutzende Zuhörerinnen und Zuhörer. Stühle waren sofort belegt, viele standen dicht gedrängt im Saal. Knapp eine Stunde lang erörterte die Vorsitzende Richterin den Fall und die Beweggründe der fristlosen Kündigung. Grund für die fristlose Kündigung sei offenbar nicht ein von der jungen Ärztin mitorganisierter Warnstreik, sondern eine vorausgegangene E-Mail, so der Anwalt der Artemed-Gruppe.

Krankenhausträger spricht von Kompetenzüberschreitung

Die Ärztin hatte im November vergangenen Jahres in Freiburg einen Warnstreik des Marburger Bundes maßgeblich mitorganisiert. Die Ärztegewerkschaft wollte den Träger des St. Josefskrankenhauses und des Loretto-Krankenhauses, die Artemed-Gruppe, zu Tarifverhandlungen bewegen. Rund 90 Ärztinnen und Ärzte hatten sich an dem Warnstreik beteiligt.

Der Protestaktion vorausgegangen war eine E-Mail der jungen Ärztin. Von einem privaten Account hatte sie den stellvertretenden Leiter des Malteser-Hilfsdienstes über den Warnstreik am St. Josefskrankenhaus informiert - vor allem mit Blick auf eine möglicherweise eingeschränkte Notfallversorgung am Streiktag. Die Artemed-Gruppe sah in der E-Mail allerdings eine Kompetenzüberschreitung. Statt die Rettungsdienste zu informieren, hätte sie sich an den Oberarzt wenden sollen. Infolge der E-Mail hätte es außerdem sein können, dass weniger Notfall-Patienten eingeliefert worden wären, ließ der Anwalt der Artemed-Gruppe beim Gütetermin verlauten. Er spricht von potentiellen wirtschaftlichen und gesundheitlichen Schäden, die hätten eintreten können.

Die junge Ärztin neben Helmar Munz, Rechtsanwalt beim Marburger Bund, beim Gütetermin am Arbeitsgericht Freiburg.
Die junge Ärztin neben Helmar Munz, Rechtsanwalt beim Marburger Bund, beim Gütetermin am Arbeitsgericht Freiburg.

Junge Ärztin rechtfertigt E-Mail als kollegialen Hinweis

Die Ärztin wollte die E-Mail jedoch als kollegialen Hinweis verstanden wissen. Man kenne sich untereinander, sie arbeite selbst im Rettungsdienst. Helmar Munz, Rechtsanwalt beim Marburger Bund, nannte die E-Mail einen "positiven Beitrag". Er könne den Unrechtsgehalt der Nachricht nicht erkennen. Munz vertritt die Ärztin vor dem Arbeitsgericht Freiburg. Er hatte die sogenannte Kündigungsschutzklage eingereicht.

Der Fall der entlassenen Ärztin ist auf großes Interesse gestoßen: Der Sitzungssaal platzte aus allen Nähten.
Der Fall der entlassenen Ärztin ist auf großes Interesse gestoßen: Der Sitzungssaal platzte aus allen Nähten.

Ob die fristlose Kündigung der Ärztin verhältnismäßig war oder nicht, wird Anfang Mai verhandelt. Die Vorsitzende Richterin regte außerdem ein Güterichterverfahren an. Ob es dazu kommt, ist noch unklar. Die Parteien sollen sich bis zum 6. Februar dazu äußern.

Ich interpretiere den Vorschlag der Richterin, (sich) gütlich zu einigen, als Ausdruck ihrer Hoffnung, dass das möglich ist.

Ärztin bis auf Weiteres arbeitslos

Die Ärztin ist vorerst arbeitslos. Ihre Weiterbildung am St. Josefskrankenhaus liegt auf Eis. Sie wollte sich zur Fachärztin in der anästhesiologischen Intensivmedizin ausbilden lassen. Ihr Vertrag hätte eine Laufzeit bis 2025 gehabt.

Die Artemed-Gruppe mit Sitz im oberbayerischen Tutzing hat die ehemals von vier katholischen Orden getragenen Kliniken St. Josefskrankenhaus und das Loretto-Krankenhaus in Freiburg zum 1. Oktober 2020 übernommen. In einer Mitteilung versicherte das Unternehmen damals, das "christliche Wertebild" und die Arbeitsplätze zu erhalten. Zur Artemed-Gruppe gehören nach Unternehmensangaben insgesamt 18 Krankenhäuser in Deutschland, dazu mehrere sogenannte ambulante Zentren und eine Stiftung.

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