Auf einem Obsthof im Ortenaukreis wird eine innovative Agri-Photovoltaik-Anlage getestet. Ihre Solar-Module richten sich nach der Sonne und dem Lichtbedarf der Pflanzen.
Es ist eine Premiere in der Landwirtschaft, zumindest in Baden-Württemberg: Solarmodule, die nicht nur der Sonne folgen, sondern sich auch an den Bedürfnissen der Pflanze orientieren. Auf einem Obsthof in Oberkirch-Nußbach im Ortenaukreis wird eine solche neuartige Agri-Photovoltaik-Anlage derzeit getestet.
Eine sensor-gesteuerte Anlage
Seit fast einem Jahr ist die Anlage auf dem Obsthof Vollmer in Oberkirch-Nußbach jetzt schon in Betrieb. Auf einer Fläche von etwa 1,5 Hektar liegen PV-Module auf einer drei Meter hohen Stahlkonstruktion. Darunter baut Nebenerwerbslandwirt Hansjörg Vollmer Äpfel, Zwetschgen, Birnen und Brombeeren an. Die PV-Anlage schützt die Früchte vor Starkregen, Hagel und zu intensiver Sonneneinstrahlung und produziert gleichzeitig Strom, ohne, dass Fläche verloren geht.
Das Besondere an dieser Anlage: Sie ist beweglich und sensor-gesteuert. Die Hälfte der Module folgt dem Stand der Sonne, um den bestmöglichen Energieertrag zu erbringen. Die andere Hälfte ist so programmiert, dass sie sich am Lichtbedarf der Pflanzen orientieren, für ein optimales Wachstum.
Entwickelt und gebaut hat die sonnennachgeführte Agri-PV-Anlage die Firma Intech Clean Energy. Das Unternehmen für Solartechnik mit Sitz in Kehl (Ortenaukreis) hat Hansjörg Vollmer vor mehr als 20 Jahren gegründet. Heute leitet es sein Sohn Christoph Vollmer.
Teil eines Forschungsprojekts "Modellregion Agri-PV"
Das Ganze ist Teil des Forschungsprojekts "Modellregion Agri-PV" des Landes Baden-Württemberg, das fest etabliert werden soll. Zur offiziellen Einweihung der Anlage am Freitag kam der baden-württembergische Staatssekretär für Umwelt Andre Baumann. Er lobte das innovative Projekt und betonte, dass Energieproduktion und Landwirtschaft Hand in Hand gehen sollten.
Ziel des Projektes ist es, den Früchte- sowie Energieertrag der Anlage zu analysieren. Für die Auswertung des erzeugten Stroms ist das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg zuständig, das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) bei Karlsruhe erforscht, wie sich die Früchte unter den Modulen entwickeln.
Erste positive Beobachtungen gibt es schon
In regelmäßigen Abständen kommen die Forschenden des LTZ auf den Obsthof im Ortenaukreis und konnten schon erste positive Ergebnisse feststellen. So waren etwa die Temperaturschwankungen unter den Modulen geringer als auf den Referenzflächen ohne Module. "Dadurch waren die Äpfel marktfähiger", erklärt Greta Ott vom LTZ. Was Krankheiten oder Schädlingsbefall betrifft, konnten die Forschenden jedoch noch keine Unterschiede erkennen. Um verlässlichere Informationen zu gewinnen, bedarf es noch ein paar Jahre mehr. Die Forschung läuft erst seit etwa einem Jahr.
Win-Win: Energie durch Photovoltaik und steigender Obst-Ertrag
Auch Hansjörg Vollmer kann schon Veränderungen beobachten - im Vergleich zur Referenzfläche ohne Module. Der Boden auf den Feldern unter den PV-Modulen sei im Sommer lockerer und trockne nicht so schnell aus. Auch die Blätter seien grüner, so Vollmer.
Vor allem bei Zwetschgen sei ein großer Unterschied erkennbar. Die überdachten Früchte seien keinem Hitzestress ausgesetzt und deswegen erholter. Die Äpfel könne er zwar erst eine Woche später ernten, aber sie leideten nicht unter Sonnenbrand und auch Hagelschäden blieben aus, so der Landwirt.