Was in Coronazeiten vielleicht besser war und was Stillen in der Öffentlichkeit mit Freiheit und Einsamkeit zu tun hat. Die Weltstillwoche in Stuttgart und der Region.
Hoch die Hände, Wochenende! Ich bin Deborah Kölz, Redakteurin im Studio Stuttgart. Und ich möchte hier mit euch zurückblicken auf die Themen dieser Woche, nachfragen und ein paar Fakten aufdecken.
- Über 50 Mütter treffen sich, um aufs Stillen in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen
- Was Stillen mit Einsamkeit und Freiheit zu tun hat
- Stillen auf dem Fernsehturm und vor dem Oberbürgermeister
- Wie reagiert ihr auf "hangry" Babys?
Was in Corona-Zeiten besser war
In den vergangenen Tagen habe ich festgestellt, dass es ein paar Dinge gab, die durch die Corona-Pandemie wirklich besser geworden sind - und die wir in unserer Weisheit leider wieder abgeschafft haben. Zum Beispiel beim Fliegen: Das nach Sitzreihen geordnete Einsteigen in ein Flugzeug war herrlich gechillt, weil einem endlich mal niemand im Gang im Weg stand und Stau verursacht hat, sondern man effektiv von hinten nach vorne aufgefüllt hat. Und was werdende Mütter (wie beispielsweise meine beiden Schwestern) aktuell oft vermissen, ist das Besuchsverbot im Krankenhaus direkt nach der Geburt während der Corona-Zeit. Dabei hat sich nämlich gezeigt, dass die Mütter durch die ungestörte Ruhe auf der Wochenstation viel besser mit dem Stillen anfangen konnten, bestätigte mir Manuela Heizmann-Bucksch, die im Kreißsaal Herrenberg (Kreis Böblingen) als Hebamme arbeitet.
Stillen ist etwas ganz Normales - auch in der Öffentlichkeit
Stillen ist nämlich teilweise gar nicht so einfach, auch wenn es etwas ganz Natürliches ist. Und der nicht-stillende Teil der Bevölkerung macht es den Frauen oft nicht einfacher, wenn es Kommentare oder starrende Blicke gibt, sobald sie in der Öffentlichkeit stillen. Deshalb ist der Schwerpunkt der sogenannten Weltstillwoche, die noch bis Sonntag stattfindet, das Thema: "Stillfreundliche Strukturen. Für alle." Um das zu demonstrieren, haben sich am Dienstag an vielen Orten in der Region Stuttgart Frauen in Cafés zum Stillen getroffen, zum Beispiel in Herrenberg, Ludwigsburg und Leonberg. Im Stuttgarter Stadtpalais kamen sogar über 50 Mütter zusammen.
Über das sogenannte Still-In in Stuttgart hat der SWR am 1. Oktober 2024 berichtet.
Mutter: "So viele stillende Frauen habe ich noch nie gesehen."
So ein Treffen zeige den Frauen einerseits, dass sie als stillende Mütter nicht alleine sind, sagt Ruth Hofmeister, Hebammensprecherin in Stuttgart. Eine Mutter habe zu ihr gesagt, so viele stillende Frauen habe sie noch nie auf einem Fleck gesehen. Auf der anderen Seite will der Hebammenverband Baden-Württemberg mit solchen Aktionen das Stillen weiter mehr in die Öffentlichkeit bringen. "Es ist ein Problem, dass einerseits die hohe Anspruchshaltung an die Mütter da ist, dass sie stillen sollen, aber andererseits die Förderung dazu fehlt", erklärt Hofmeister im SWR-Gespräch.
Nicht genug Unterstützung für stillende Frauen
Das fange schon beim Geld an, das eine Klinik von der Krankenkasse bekommt: In der Summe für eine Geburt und anschließend ein paar Tage auf der Wochenstation wird keine Stillberatung mitfinanziert. "90 Prozent der Frauen wollen eigentlich stillen, gehen aber schon nicht mal mehr voll stillend aus dem Krankenhaus, weil sie da nicht genug unterstützt werden können", sagt Hofmeister. Und auch nach dem Krankenhaus gebe es zu wenige Hebammen, die beraten könnten. Da könne es die Frauen ermutigen, wenn sie in der Öffentlichkeit auch andere Frauen beim Stillen sehen und sich austauschen könnten, so Hofmeister.
Was Stillen mit Einsamkeit und Freiheit zu tun hat
Das Stillen von kleinen Babys in der Öffentlichkeit wird zwar langsam akzeptierter, sagt Hebamme Manuela Heizmann-Bucksch, die auch kommissarische Leiterin im Kreißsaal Herrenberg ist. Aber komplett selbstverständlich ist das öffentliche Stillen noch nicht. Deshalb trauen sich viele Frauen immer noch nicht, es einfach unterwegs zu machen, und bleiben dadurch vielleicht eher zuhause.
"Dabei ist Stillen ja eine große Freiheit: Man hat das Essen immer dabei, wohl temperiert, und man muss nicht auf die Haltbarkeit achten oder etwas mitnehmen", erklärt Heizmann-Bucksch. Diese Scham vor öffentlichen Reaktionen hält Mütter dann vielleicht zuhause. Dabei gibt es ohnehin schon sehr viele Frauen, die sich zuhause mit dem Baby einsam fühlen. Und mit dem Stillen aufhören oder auf die Flasche umsteigen, damit man wieder raus ins Leben kann, kann ja auch nicht die Lösung sein.
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Brust raus fürs Baby: auf dem Fernsehturm und im Schuhgeschäft
Manuela Heizmann-Bucksch wünscht sich deshalb noch viel mehr eine Willkommenskultur fürs Stillen in Läden, Restaurants und auf der Straße. Mit ihrem eigenen Neugeborenen habe sie damals im Winter auch mal schnell einen Platz zum Stillen gebraucht. Am Ende saß sie in einem Schuhgeschäft, auf einer Bank mitten zwischen Schuhregalen - und für keinen war es ein Problem. Auch auf der Aussichtsplattform des Stuttgarter Fernsehturms habe sie ihr Kind mal stillen müssen. Das Stillen helfe den Babys ja nicht nur bei Hunger, sondern auch, um sich zu stabilisieren und zu beruhigen.
Stillen vor dem Oberbürgermeister
Stillen mehr im Alltag und in der Stadt Stuttgart zu integrieren, das wünscht sich auch Stadträtin Lucia Schanbacher (SPD). Sie möchte, dass es in Stuttgart noch mehr Orte für die Mütter gibt: mehr Still-Ecken oder Stillkabinen, wie es eine Drogeriemarkt vormache. Auch Bürgerbüros könnten denkbare Orte sein, "wo es Wasser gibt und die Frauen wissen, dort können sie einfach hinkommen", schlägt die SPD-Politikerin vor.
Als Schanbacher ihre Kinder bekommen habe, habe sie sie mit in die Gemeinderatsitzungen genommen und dort auch gestillt. Das sei im ersten Moment komisch gewesen, sagt sie: "Da sitzt man dann vor dem Oberbürgermeister und den Kolleginnen und Kollegen und zieht blank." Das sei im ersten Moment gewöhnungsbedürftig gewesen. "Aber das Kind will in dem Moment eben etwas essen beziehungsweise trinken - und dann ist das eben so", erzählt Schanbacher.
Babys sind einfach "hangry"
Denn ja, Babys sind einfach der Inbegriff einer sogenannten "hangry person" (aus dem Englischen: hungry/hungrig plus angry/verärgert). Und das sollten Erwachsene doch eigentlich sehr gut nachvollziehen und daher auch empathisch sein können. Schließlich kann das Baby, wenn es mal Hunger bekommt, nicht einfach kurz zum Bäcker oder nächsten McDonalds hüpfen. Vielleicht sollte man sich bei einer stillenden Mama im Park oder in der U-Bahn öfters mal denken: Besser ein trinkendes Baby als ein vor Hunger weinendes Baby. Und man ist ja Herr seiner Augen: Wenn es einen stört, kann man ja wegsehen. Aber seid mal ehrlich, wie reagiert ihr bisher?
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Muttermilch und Stillen: Gesund für Baby und Mama
Die beste Nahrung hat einfach Mama. Muttermilch ist nachweislich die beste Ernährung für Neugeborene. Durch diese Milch haben Kinder weniger Infektionen und Durchfallerkrankungen, bekommen weniger Asthma, Allergien oder Übergewicht. Deshalb gibt es in Stuttgart im Olgahospital auch eine Frauenmilchbank. Mit der gespendeten Milch können dort nach eigenen Angaben Frühchen und besonders kleine Babys versorgt werden, solange ihre eigenen Mütter noch keine oder zu wenig Muttermilch produzieren können.
Muttermilch: natürlich gesund Stillen – auch die Gesundheit der Mutter profitiert
Nicht nur das Baby profitiert vom ausreichenden Stillen, auch Mütter: Das Risiko für Brustkrebs und Fettstoffwechselstörungen etwa reduziert sich deutlich.
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