Der Antrag für einen Windenergiepark im Rems-Murr-Kreis musste in 15-facher Ausführung von EnBW eingereicht werden. 36.000 Blatt Papier. Kein Einzelfall - auch für den Nordschwarzwald wird kopiert, was das Zeug hält.
In Baden-Württemberg sollen mehr Windräder gebaut werden - so der Wille des baden-württembergischen Umweltministeriums. Auch der Energieversorger EnBW möchte gerne mehr Windräder bauen, allerdings steht zu Beginn eines Windparks ein bürokratischer Kraftakt in Papierform an. Berge an Kopien des Antrags zum Bau von Windenergieparks müssen in unzähligen Aktenordnern an die Landratsämter überstellt werden. Alleine dafür werden mehrere Zehntausend Euro ausgegeben.
Windpark im Rems-Murr-Kreis
Vor einigen Wochen hat die EnBW in Stuttgart den Antrag zum Bau eines Windparks zwischen Welzheim und Plüderhausen (Rems-Murr-Kreis) eingereicht. Drei Windräder sollen dort gebaut werden. Dafür verlangten die Behörden die Anträge in 15-facher Ausführung. Das Ergebnis: 16 Aktenordner, 20 Schnellhefter und rund 36.000 Blatt Papier. Alles in 15 Umzugskartons verpackt.
Papierflut ist keine Seltenheit
Michael Soukup ist Projektleiter bei EnBW und für die Entwicklung von Windenergie in Süddeutschland zuständig. "Wir hatten auch schon Behörden, die das in 25-facher Ausführung haben wollten. Das bedeutet 25 Mal diese Ordner bearbeiten, drucken, einsortieren, heften, verpacken und an die Behörde fahren." Für die Fahrt zu Behörde werde immer ein kleiner Lieferwagen benötigt, anders könne man die Berge von Papier nicht transportieren.
Wenn die Bearbeitung abgeschlossen ist und die Behörden einen Windpark genehmigen, kommen die Akten wieder zurück zur EnBW. "Wir vernichten die dann, wir haben ja selbst keinen Platz. Bis auf ein Exemplar, in dem die eigentlichen Genehmigungsstempel drin sind." Dieses Exemplar wandert dann ins Archiv.
Auch im Nordschwarzwald sorgt ein Windpark für Papierkrieg
Ein weiterer Windpark, der gerade im Genehmigungsverfahren ist, befindet sich bei Grömbach (Kreis Freudenstadt). Das Landratsamt dort verlangte die Unterlagen immerhin nur in 11-facher Ausführung. "Wir für uns selbst brauchen die Akten in Papierform überhaupt nicht", erklärt Michael Soukup. "Wir arbeiten rein digital, alle Pläne, alle Unterlagen werden bei uns digital erstellt, bearbeitet und ausgetauscht. Auch unsere Partnerunternehmen, mit denen wir zusammen arbeiten, wollen alles von uns digital haben".
Lediglich für die Behörden werden die Akten gedruckt. Das Ganze verursacht auch Kosten. "Wir haben das mal ausgerechnet. Für jeden Genehmigungsantrag rechnen wir mit 20.000 bis 25.000 Euro." Für die Vervielfältigung und Bereitstellung der Ordner. Dabei spiele es keine Rolle, ob es bei einem Windpark um zwei, drei oder zehn Windräder ginge.
Bundesverband WindEnergie: "Auf dem Weg der Besserung"
Auch der baden-württembergische Vorstand vom Bundesverband WindEnergie (BWE) hat den Papierkrieg bei Windkraftanlagen kritisiert. "Das ist verrückt, wir haben in der Vergangenheit bis zu 40.000 Blatt Papier gedruckt, die oft keiner gelesen hat und die hinterher vernichtet wurden", erklärt Andreas Markowsky, Vorstandsmitglied bei BWE Baden-Württemberg. Aber immerhin, in diesem Thema sei man inzwischen gut vorangekommen. "Wir haben inzwischen schon viele Anträge, die weitestgehend digital bearbeitet werden."
In dieser Hinsicht könne man der Landesregierung sogar ein kleines Lob aussprechen. Anders sehe es für ihn bei der Prioritätensetzung für erneuerbare Energien aus. Zu viele Unwägbarkeiten, zu langwierige Prozesse, würden zu oft den Bau von Windparks verhindern.
Umweltministerium: "Wir arbeiten mit Hochdruck an Lösungen"
Auch das Umweltministerium in Baden-Württemberg hat die Probleme erkannt. Schriftlich teilt das Ministerium dem SWR mit: "Um die Dauer von Genehmigungsverfahren zu verkürzen, planerische wie bürokratische Hürden abzubauen und Flächen zur Verfügung zu stellen, haben wir als Landesregierung Ende 2021 eine ressortübergreifende Task Force ins Leben gerufen." Somit habe man die Planungs- und Genehmigungszeiten von Windparks bereits um dreieinhalb Jahre verkürzt.
Darüber hinaus habe man in den vier Regierungspräsiden in Baden-Württemberg spezielle Stabstellen eingerichtet, "die als schnelle Eingreiftruppen die Genehmigungsverfahren voranbringen sollen und auch für das Monitoring der Genehmigungsverfahren verantwortlich sind."
Noch bleibt der Papieraufwand
Auch Michael Soukup bei EnBW nimmt Veränderungen wahr. Man sei tatsächlich dabei, einiges zu ändern. Aber noch bleibt bei den meisten Behörden eine Flut von Papieranträgen Alltag. "Mit der modernen Arbeitswelt, mit Digitalisierung, mit Entbürokratiesierung hat das nichts zu tun." Es dürfte noch etwas dauern, bis die Papierflut bei den Behörden und bei der EnBW ein Ende hat.