Ein Verband will erreichen, dass Winzer mehr Weinflaschen wiederverwenden. Das spart Energie - doch die Einheitsflasche bringt für Weinbetriebe auch ein paar Nachteile mit sich.
Wein-Pfandflaschen mit 0,75 Litern sind in Baden-Württemberg zwar noch ein Nischenphänomen. "Es dürften insgesamt ungefähr eine viertel Million Flaschen im Umlauf sein", sagte der Vorstand der Initiative Werner Bender dem SWR. Doch gut ein dreiviertel Jahr nach ihrer Einführung sieht die Interessengemeinschaft Mehrweg eG aus Möglingen (Kreis Ludwigsburg) gute Chancen, das selbstgesteckte Ziel von einer Million solcher Pfandflaschen im Juli zu erreichen. Die Interessengemeinschaft hofft, dass langfristig 25 bis 30 Prozent der württembergischen Weine in diesen Mehrwegflaschen abgefüllt werden.
Mehrweg-Weinflaschen haben in BW Tradition
Im Land gibt es seit Jahrzehnten ein Pfandsystem für Weinflaschen – allerdings für 1-Liter-Flaschen. Kunden können diese Flaschen für regionale Weine beim Winzer oder Händler zurückgeben. In Möglingen gibt es dementsprechend eine Spülanlage für 1-Liter-Flaschen. Knapp 26 Millionen Exemplare von baden-württembergischen Winzern sind dort nach Angaben der Weingärtner Servicegesellschaft (WSG) im vergangenen Jahr gereinigt und wieder in Umlauf gebracht worden. Nach Angaben des Unternehmens ist es die leistungsstärkste Spülanlage für Weinflaschen in Deutschland.
Weinflaschen: Einweg ist die Regel
Dass die Flaschen in Möglingen gereinigt werden, ist eine Besonderheit. Denn insgesamt betrachtet sind fast alle Weinflaschen in Deutschland Einwegflaschen. Nach jedem Gebrauch werden ihre Scherben eingeschmolzen und zu neuen Flaschen verarbeitet. Dementsprechend schont das Mehrwegsystem den Energie- und Ressourcenverbrauch.
Weinproduzenten wollen sich durch ihre Flaschen abheben
Doch auch wenn das Mehrweg-System die Kosten von Winzern für die Flaschen senkt, wie die Interessengemeinschaft Mehrweg eG argumentiert: Viele Weinbetriebe entscheiden sich statt der 1-Liter-Flasche für die 0,75-Liter-Flasche, die sie individuell gestalten, um sich von Konkurrenten abzuheben. Überhaupt gab es 0,75-Liter-Flaschen bis vor etwa einem dreiviertel Jahr noch nicht als Mehrweg-Variante, bis die Interessengemeinschaft Mehrweg für sie ein Konzept ins Leben rief. Nun wird diese Mehrwegflaschen-Variante in Thüringen hergestellt und – wie bereits das 1-Liter-Modell – ebenfalls in Möglingen gespült. Die Wein-Pfandflasche hat so dickes Glas, dass sie im Idealfall bis zu 50 Mal gespült werden kann.
0,75-Liter-Mehrwegflasche ist noch selten in den Regalen
Getränkehändler Rainer Ackermann aus Sersheim (Kreis Ludwigsburg) sagte dem SWR, bisher halte sich das Interesse seiner Kundschaft an diesen Mehrwegflaschen in Grenzen. Doch es ist schwer zu sagen, was hier die "Henne" und was das "Ei" ist – ist die Nachfrage gering, weil auch das Angebot in den Regalen noch sehr überschaubar ist? Händler Ackermann ist jedenfalls vom Konzept überzeugt: "Ich denke, das hat riesiges Potential, dass das eine gute Geschichte wird."
Mehrweg-Einheitsflasche schränkt Design-Vielfalt ein
Werner Bender von der Interessengemeinschaft Mehrweg, einer Gesellschaft der Genossenschaft Weinheimat Württemberg, hofft, dass sich noch mehr Winzer für die 0,75-Liter-Mehrwegflasche entscheiden. Er räumt ein, dass sie dann Abstriche bei der Individualisierung ihrer Verpackung machen müssten. Zwar könnten sie das Etikett weiterhin frei gestalten, doch die Flasche sei dann standardisiert, sodass nicht mehr unzählige Farben und Formen mehr möglich sind. Außerdem könne es an den Mehrweg-Flaschen leichte Gebrauchsspuren geben. Das würden viele Kunden aber akzeptieren, wenn sie wüssten, dass es sich um Mehrwegflaschen handele, glaubt Bender.
0,75-Liter-Mehrweg steckt in BW in den Kinderschuhen
Bislang nutzen wenige Betriebe die 0,75 Liter-Mehrwegflasche: In Württemberg sind es den Angaben zufolge sechs Unternehmen. Sechs weitere wollen sich nach Angaben der Mehrweg eG demnächst anschließen, darunter auch welche mit Sitz in Baden.