Auf der Stuttgarter Königstraße waren laut Stadt und City-Initiative mehr Menschen im Weihnachtsgeschäft unterwegs als letztes Jahr. Aber wie steht es generell um die Attraktivität der Innenstadt?
Die Stuttgarter Königstraße behauptete sich zur Weihnachtszeit als Besucher-Magnet im Südwesten - diese Bilanz ziehen Stadt Stuttgart und City-Initiative zum Weihnachtsgeschäft 2023 in der Landeshauptstadt. Aktuellen Messungen zufolge seien in diesem Jahr 30 Prozent mehr Passantinnen und Passanten in der Adventszeit auf Stuttgarts Einkaufsstraße Nummer Eins unterwegs gewesen.
Messungen: 30 Prozent mehr Passantinnen und Passanten
So seien im Zeitraum zwischen dem 1. Januar und dem 12. Dezember 17.719.126 Passantinnen und Passanten auf der Königstraße unterwegs gewesen. Im Vergleichszeitraum 2022 seien es 13.150.684 Menschen gewesen. Die Stuttgarter Stadtverwaltung bedient sich hier bei Zahlen, die die Kölner GmbH Hystreet online für alle großen Einkaufsstraßen bundesweit stets tagesaktuell erhebt.
Mehr Publikumsverkehr, auch durch Touristinnen und Touristen, spiegele sich auch im Weihnachtsgeschäft in der Stuttgarter Innenstadt. Viele Händlerinnen und Händler verzeichneten ein gutes Geschäft in der Adventszeit mit mutmaßlich höheren Umsätzen als in der Vorweihnachtszeit 2022, so die City-Initiative - die genauen Daten insbesondere zum erfahrungsgemäß umsatzstärksten vierten Adventssamstag liegen bislang noch nicht vor. Grundsätzlich ist der Handelsverband Baden-Württemberg (HBW) aber mit dem Weihnachtsgeschäft nicht zufrieden. In Baden-Württemberg gehe der Einzelhandel durch sehr schwierige Zeiten.
Betreiber zufrieden, aber nicht euphorisch Weihnachtsmärkte 2023: Positive Bilanzen
Insgesamt mehrere Millionen Menschen haben die Weihnachtsmärkte in Baden-Württemberg besucht. Regenwetter und weniger Tage in der Adventszeit trüben allerdings die Bilanz etwas.
City-Manager fordert Ausbau der Infrastruktur für Auto- und Nahverkehr
Die Manager der großen Center in Stuttgart wollen dies nicht recht bestätigen. Unter anderen zeigen sich Maximilian Schlier, Center-Manager der Königsbaupassagen, und Melanie Cintean, Center-Managerin des Gerbers, sehr zufrieden. Sven Hahn, Geschäftsführer der City-Initiative, verweist in diesem Zusammenhang auf die Erreichbarkeit der Innenstadt. Die überwiegende Mehrheit der Menschen, die in Stuttgart einkaufen, essen gehen oder die Theater besuchen, käme mit dem Auto und dem öffentlichen Nahverkehr. Gute Erreichbarkeit sei einer der wichtigsten Standortfaktoren.
"Aus diesem Grund muss die bereits gute Infrastruktur für das Auto und den Nahverkehr dringend weiter verbessert werden", so Hahn. Stuttgart sei eine der attraktivsten Städte Europas. Bekannte Einkaufsstraßen wie die Königsallee in Düsseldorf, der Kurfürstendamm in Berlin oder der Neue Wall in Hamburg würden sich laut aktueller Zahlen, unter anderem von Hystreet, weniger dynamisch als die Stuttgarter Königstraße entwickeln. Laut Stadtverwaltung gibt es bereits über 11.000 Parkplätze in den Innenstadt-Parkhäusern und mehr als 17.000 Park-and-Ride-Parkplätze.
Kritik an Leerstand in der Innenstadt
Allerdings gab es in der Vorweihnachtszeit auch Kritik an den Strategien beziehungsweise am Management der Stadt. Und seit Anfang des Jahres wurden viele Geschäfts-Aufgaben in der Innenstadt bekannt, darunter auch von Traditionsgeschäften im Umfeld der Königstraße. Daniel Brunner vom "Kaufhaus Mitte" beklagte kürzlich in Sachen Leerstand erneut mangelnde Flexibilität und Kooperationsbereitschaft - in seinem Blog und gegenüber "Stadtkind": "Obwohl wir momentan so viel Leerstand in der Stadt haben, lassen fast alle Vermieter ihre Läden lieber leer stehen als diese für eine Zwischennutzung herzugeben. So wird das nichts mit einer florierenden Innenstadt."
Sechs Jahre war Brunner mit seinem Stuttgart-Concept Store auf der Königstraße, jetzt lief der Mietvertrag aus. Mehrere andere Deals für neue Locations seien kurzfristig geplatzt. "Eine Einkaufsmeile ist Fluch und Segen zugleich", schreibt Brunner. Es wird klar, was er meint: Einerseits braucht man sie für viel Publikum und will Vielfalt und Regionalität im Angebot. Andererseits scheint ein spezielles, regionales Angebot für die Masse halt auch nicht immer zu funktionieren.
Für Wiederbelebung der Innenstadt Ravensburg bietet sechs Start-ups eine Chance
In vielen Innenstädten gibt es derzeit Leerstände. Um diesen entgegenzuwirken, bietet die Stadt Ravensburg derzeit sechs kleinen Unternehmen in einem Pop-up Store die Möglichkeit, ihre Produkte anzubieten.
Handelsexperten fordern mehr Flexibilität der Kommunen
Mehr Flexibilität der Kommunen fordern Handelsexpertinnen und -experten. Vielfalt sei der Schlüssel zur Wiederbelebung der Innenstädte, sagen Stadtentwickler, aber beispielsweise auch Jürgen Kirchherr, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga. Dazu gehörten aber auch niedrige Mieten, nachhaltige Konzepte für Zwischennutzung und alternative Nutzungen von Gebäuden, die seither nicht den ganzen Tag offen haben, aber besser ausgelastet werden könnten. Und Abbau von Bürokratie für die Macherinnen und Macher.
Wirtschaftsförderer verweist auf Plattformen und Transformationsprozesse
"Die Stuttgarter Innenstadt wandelt sich und steckt mitten in einem Transformationsprozess - wie alle großen Einkaufsstraßen in Deutschland", sagt Wirtschaftsförderer Bernhard Grieb. In Bezug auf den Leerstand verweist er auf den "Start-up- und Networking-Space" BRYCKE, die Leerstands-Plattform "Roomstr" der Wirtschaftsförderung und das Netzwerkformat "City Innovation Lab", mit dem Orte geschaffen würden, an denen die Zukunft der Innenstadt diskutiert und vorangebracht werde.
Zudem gebe es die Förderprogramme "MEO" und "LOKAL+DIGITAL", die die Außenbezirke Stuttgarts stärkten. Und die Ableitung Stadtentwicklungsplanung arbeite mit einem Beteiligungsprozess an einem Transformationskonzept für die Innenstadt ("AKUT"). Allerdings ist hier laut Planungsstand mit konkreten Umsetzungen erst ab etwa 2025 zu rechnen.