Forderungen an Landesregierung

Geislingen: Eltern und Schüler demonstrieren für Erhalt des Michelberg-Gymnasiums

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Christian Spöcker
Christian Spöcker, SWR
Katharina Kurtz
Katharina Kurtz

Wegen einer missglückten Millionen-Sanierung droht der Schule das Aus. Geislinger Bürger haben in Stuttgart protestiert. Von der Landesregierung fordern sie, Versprechen einzuhalten.

Am Samstag haben Eltern sowie Schülerinnen und Schüler aus Geislingen an der Steige (Kreis Göppingen) gegen die geplante Schließung des Michelberg-Gymnasiums protestieren. Zu der Demo kamen sie nach Stuttgart, in die Landeshauptstadt. Sie sind gegen Pläne, wonach die Kinder und Jugendlichen künftig an einem anderen Gymnasium in Geislingen unterrichtet werden sollen, dem Helfenstein-Gymnasium. Die Zusammenlegung beider Schulen hatte Ende Oktober der Geislinger Gemeinderat mehrheitlich beschlossen, wodurch die Stadt noch zwei statt drei Gymnasien hätte.

Rund 200 Kinder und Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte hatten sich für die Demonstration auf dem Kleinen Schlossplatz in der Stuttgarter Innenstadt versammelt. Mit Trillerpfeifen, Tröten und Plakaten protestierten sie lautstark gegen die geplante Schließung des Michelberg-Gymnasiums. Lehrerin Nadine Lindenthal sagte im SWR-Interview, dass mit der Zusammenlegung die Identität von zwei Schulen zerstört werde. "Außerdem ist das Michelberg-Gymnasium das einzige im östlichen Teil des Landkreises, das eine verlässliche Ganztagesbetreuung anbietet. Das ist für Berufstätige total wichtig. Diese Ganztagesbetreuung würde bei einer Zusammenlegung gestrichen." Nach über drei Jahren Kampf für den Erhalt der Schule hofft die Vorsitzende des Elternbeirats Jennifer Röcker zwar noch weiterhin auf ein Wunder, stellt sich aber auf das Schlimmste ein. Das würde bedeuten, dass es "ab 2027 kein Michelberg-Gymnasium mehr geben wird." Der letzte Strohhalm für die Michelberg-Unterstützenden ist es, dass doch noch das Land mit Geld einspringt.

Geislinger Gymnasium wurde als "Pannenschule" bekannt

Weil die Sanierung des Michelberg-Gebäudes fehlschlug, wäre eine weitere Millionen-Summe notwendig, um die Schließung des Gymnasiums abzuwenden. Die Stadt lehnt diese Option aber als zu teuer ab. Eine Gruppe, die sich als Öffentlichkeits-AG des Michelberg-Gymnasiums bezeichnet, hofft unterdessen weiter darauf, dass der Landtag den weiteren Betrieb ihrer Schule unterstützt.

Die Geschehnisse in Geislingen im Zusammenhang mit den Sanierungsarbeiten hatte auch bundesweit für Aufsehen gesorgt: Der "Spiegel" beispielsweise bezeichnete es als "unfassbare Pannenserie", die "FAZ" sprach von der "Pannenschule in Geislingen". Ein Gebäudeteil war nach der Sanierung einsturzgefährdet. In vielen Bereichen sei nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gebaut worden, etwa bei der Fassade, den technischen Anlagen oder beim Brandschutz, beklagte die Stadt.

Das Michelberg-Gymnasium (Archiv, 2020)
Sanierung des Michelberg-Gymnasiums (Archiv, 2020)

Stadt Geislingen: Zusammenlegung wäre günstiger

Die geschätzten Kosten, um die misslungene Sanierung des Michelberg-Gymnasiums zu beheben, und am Ende doch ein funktionierendes Schulgebäude zu haben, sind hoch. Zusammen mit "Status quo"-Kosten für das Helfenstein-Gymnasium würden dafür nach Berechnungen der Stadt Geislingen knapp 50 Millionen Euro fällig werden.

Die Stadt bevorzugt stattdessen eine andere Variante als Lösung. Diese würde den Angaben zufolge mit rund 25 Millionen Euro etwa halb so viel kosten. Dabei gäbe es keinen Schulbetrieb mehr am Michelberg-Gymnasium. Stattdessen würden die bisherigen Schülerinnen und Schüler künftig das Helfenstein-Gymnasium besuchen, das dafür entsprechend umgebaut werden müsste.

Das Michelberg-Gymnasium (Archiv, 2020)
Während der Sanierung fand der Unterricht auch in Containern statt (Archiv, 2020).

Michelberg-Unterstützer: Geislingen braucht das Gymnasium

Vertreter der Elternschaft des Michelberg-Gymnasiums sind jedoch strikt dagegen. Zu den vielen Argumenten der "Öffentlichkeits-AG" gegen die Schulschließung und eine Zusammenlegung mit dem Helfenstein-Gymnasium zählt unter anderem, dieses Gymnasium sei für derartige Massen an Kindern und Jugendlichen nicht ausgelegt - trotz der geplanten Erweiterung des Gebäudes. Sie befürchten, dass sich die Lernbedingungen für die Schüler in der Region drastisch verschlechtern, wenn das Michelberg-Gymnasium geschlossen werden sollte.

Das Michelberg-Gymnasium (Archiv, 2020)
Schülerinnen und Schüler im Michelberg-Gymnasium (Archiv, 2020)

Michelberg-Unterstützer und Stadt verwenden unterschiedliche Zahlen

Die Elternvertreter bitten die Landesregierung um Hilfe. In einem offenen Brief schrieben sie ihr Mitte Oktober, die "Sanierung der Sanierung" für den Erhalt des Michelberg-Gymnasiums koste 38 Millionen Euro, was ungefähr den 38,684 Millionen Euro entspricht, die die Stadt Geislingen dafür veranschlagt.

Außerdem argumentierten die Elternvertreter, die Stadt könnte 8 Millionen Euro an Schadenersatz von den Sanierungs-Firmen zurückbekommen. Das habe die Stadt selbst so mitgeteilt, schreiben die Eltern-Vertreter in einem offenen Brief an die Landesregierung. Die Stadt versucht tatsächlich, von den für die Sanierung verantwortlichen Firmen Schadenersatz zu erhalten. Dazu laufen Gerichtsverfahren. Doch ob und wie viel der 21 Millionen Euro an Sanierungskosten die Stadt zurückbekommt, ist wie immer bei solchen Gerichtsverfahren schwer abzuschätzen.

Die Eltern-Vertreter rechneten in ihrem offenen Brief jedenfalls Landes-Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) Mitte Oktober vor, was für den Erhalt des Michelberg-Gymnasiums aus ihrer Sicht finanziell nötig wäre: Da die Stadt 12 Millionen Euro für die Erweiterung des Helfenstein-Gymnasiums verwenden wolle und könne, seien folglich nur noch weitere 18 Millionen Euro nötig, um stattdessen das Michelberg-Gymnasium zu erhalten - so die Argumentation der Elternvertreter.

Das Michelberg-Gymnasium (Archiv, 2020)
"Save the Migy" - also "Erhaltet das Michelberg-Gymnasium" fordert eine Gruppe bis heute (Archiv, 2020).

Eltern hoffen auf Geld vom Land

Im offenen Brief an Ministerin Schopper ging es darum, ob das Land "ausnahmsweise zinslose Hilfskredite" an die Stadt gewähren könnte beziehungsweise, "wie das Land in dieser einmaligen Situation finanziell unterstützen könnte". In einem anderen Schreiben erinnerten die Elternvertreter Schopper daran, ihre Amtsvorgängerin Susanne Eisenmann (CDU) habe zugesagt, das Land werde "gegebenenfalls auch finanzielle Unterstützung leisten".

Ex-Kultusministerin Eisenmann sagte Hilfe zu

An anderer Stelle ist von "gegebenenfalls" keine Rede mehr. Als der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport im Mai 2020 über das Thema beriet, sagte Eisenmann Landtags-Unterlagen zufolge finanzielle Hilfe zu: "Die Ministerin für Kultus, Jugend und Sport erläuterte, das Michelberg-Gymnasium in Geislingen stelle einen echten Sonderfall dar. Bei der damaligen Sanierung sei einiges schiefgelaufen, ein konkreter Schuldiger lasse sich nicht ausmachen. Die Stadt Geislingen stehe finanziell unter Druck. Sie (die Ministerin) habe Hilfe zugesagt. Falls eine Lösung am Geld scheitern solle, werde das Land helfen."

Chancen für Petition stehen schlecht

Kommende Woche will sich der Landtag mit einer Petition von Michelberg-Unterstützern befassen. Erst danach will sich Geislingens Oberbürgermeister Frank Dehmer (parteilos) wieder zu dem Thema äußern, teilte er dem SWR am Tag vor der geplanten Demonstration mit. Doch der zuständige Ausschuss des Landtags hat die Petition aus Geislingen bereits im Oktober abgelehnt. Der Ausschussvorsitzende Thomas Marwein (Grüne) sagte dem SWR, in der Regel halte sich der Landtag an die Vor-Entscheidung des Petitionsausschusses.

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