Nach Kritik aus der Bundespolitik hat sich nun BW-Innenminister Strobl zu einer geplanten Aktion der "Letzten Generation" bei einem Weihnachtsgottesdienst geäußert. Die Gruppe verteidigt sich.
Nach einer vereitelten Aktion der sogenannten Letzten Generation an Heiligabend in Stuttgart hat Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) Polizei und Kirche für ihre Reaktion gelobt. Nach Angaben der Polizei wollten Mitglieder der Gruppe ursprünglich die Live-Übertragung eines ARD-Fernseh-Gottesdienstes stören. Wegen Hinweisen vorab wurde aber letztlich die Generalprobe des Gottesdienstes aufgezeichnet.
"Kirche und Polizei haben hier vorbildlich gehandelt", sagte der CDU-Politiker. Die Polizei schöpfe die rechtlichen Möglichkeiten konsequent aus, so Strobl weiter.
"Letzte Generation": Wollten Gottesdienst nicht stören
Nach eigenen Angaben hatten die Klimaschutzaktivistinnen und -aktivisten nicht vor, den evangelischen Familiengottesdienst, der im Ersten live übertragen werden sollte, zu stürmen. Es liege der "Letzten Generation" fern, einen Gottesdienst stören zu wollen: "Wir haben in diesen schwierigen Zeiten Hoffnung bitter nötig, und die Kirchen schenken sie uns", hieß es auf dem Twitter-Account der Gruppierung. Sie begründete ihre Aktion auf der Plattform unter anderem damit, dass auch das Kind in der Krippe als Erwachsener zur Umkehr aufrufe: "Es passt, das an seinem Geburtstag auch zu tun."
Zudem erklärten die Aktivistinnen und Aktivisten, die evangelische Auferstehungskirche habe alle dazu eingeladen, "sich zur Krippe zu stellen und Hoffnung zu tanken: Hoffnung auf einen Neubeginn". Dieser Einladung hätten sie folgen und sich im Verlauf des Gottesdienstes mit Warnwesten bekleidet friedlich an die Krippe stellen wollen: "Als Zeichen dafür, dass die Geburt dieses Kindes, von dem man sagt, dass es die Welt verändern wird, auch uns Hoffnung macht", twitterten sie.
So erklärten sich die Aktivistinnen und Aktivisten auf Twitter:
Klimaaktivisten zu spät für geplante Aktion
Ursprünglich habe die Übertragung des Gottesdienstes "medienwirksam" gestört werden sollen, teilte das Polizeipräsidium Stuttgart am ersten Weihnachtsfeiertag mit. Die Pläne wurden den Angaben zufolge aber durchkreuzt. Als sich an Heiligabend acht Personen der Gruppierung vor der Auferstehungskirche in Stuttgart-Möhringen einfanden, waren die Türen verschlossen, denn es gab zu diesem Zeitpunkt keinen Gottesdienst. Aufgrund von Hinweisen, wonach die Live-Übertragung beeinträchtigt werden sollte, hatte die Evangelische Kirche nämlich entschieden, bereits die Generalprobe am Freitag unter Live-Bedingungen aufzuzeichnen. Auf diese Weise konnte der Familiengottesdienst zur Christvesper am Samstag ohne jede Störung im Ersten ausgestrahlt werden.
Das Pfarramt informierte an Heiligabend gegen 15 Uhr die Polizei über die acht Personen vor der Kirche. Die Beamten stellten laut Mitteilung bei ihrem Eintreffen noch zwei "potenzielle Störer" fest. Sie seien nach Erteilung eines Platzverweises entlassen worden. Weitere ähnliche Aktionen seien der Stuttgarter Polizei nicht bekannt, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag.
Kirche: Weihnachtsfreude sollte nicht gestört werden
"Wir wollten nicht, dass die Weihnachtsfreude der Kinder und Mitfeiernden gestört wird", sagte der Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Dan Peter, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Sonntag. "An Weihnachten sollte die Botschaft der Hoffnung im Vordergrund stehen und nicht der Konflikt." Peter betonte, Klimaschutz sei der Landeskirche ein wichtiges Anliegen. Die Art und Weise des Protestes der "Letzten Generation", die unter anderem mit Hausfriedensbruch einhergehe, heiße man aber nicht gut. "Wir bleiben dennoch im Gespräch mit allen Beteiligten", sagte er.
Kritik an "Letzter Generation" auf Bundesebene
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte die mutmaßlichen Pläne der "Letzten Generation" scharf kritisiert. Wer an Weihnachten einen Gottesdienst stürmen wolle, um für politische Ziele zu werben, dem sei nicht mehr zu helfen, schrieb der FDP-Politiker am Sonntag auf Twitter. "So findet man keine Unterstützer, sondern bloß Gegner", fügte Buschmann hinzu. Die Gruppe schade seriösem Klimaschutz.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief in seiner Weihnachtsansprache zu einem gemeinsamen Engagement von Jung und Alt gegen den Klimawandel auf. Gebraucht würden sowohl der Ehrgeiz der Jungen wie die Erfahrung der Alten. "Denn wir alle haben doch ein gemeinsames Ziel: dass die Jüngeren nicht die 'letzte Generation' sind, sondern die erste Generation einer klimafreundlichen Welt." Die Jüngeren sollten kritisch sein - "ohne der Sache des Klimaschutzes zu schaden, indem sie andere gegen sich aufbringen", sagte Steinmeier.
Seit Anfang 2022 blockiert die umstrittene "Letzte Generation" Autobahnausfahrten und Kreuzungen in deutschen Städten, um für mehr Klimaschutz zu kämpfen. Hinzu kamen Aktionen in Museen, Stadien, Ministerien, an Flughäfen und an Ölpipelines.