OB Cohn erhebt Vorwürfe auf Facebook

Leonberg: Rathaus-Mitarbeiter von wütenden Wartenden bedroht?

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Verena Neuhausen
Verena Neuhausen

Am Dienstag hatte das Bürgeramt in Leonberg kurzfristig geschlossen. Laut OB Cohn verursachte die Aggressivität von Wartenden Krankenstand bei Mitarbeitern. Eine junge Mutter widerspricht.

Nach Vorfällen vor dem Bürgeramt in Leonberg (Kreis Böblingen) erhebt Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) schwere Vorwürfe gegen wartende Bürgerinnen und Bürger. In einem am Dienstag veröffentlichten Video forderte er mehr Respekt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt. Seinen Angaben zufolge hatte es am Dienstagmorgen im Bürgeramt technische Probleme gegeben. Wegen eines Systemausfalls wurde erst verspätet geöffnet. Was dann passierte, stellen der Rathauschef und Wartende im Anschluss unterschiedlich dar.

Mutter in Leonberg: Wartenden waren ruhig und verständnisvoll

Vor der Bürgeramt hatten sich mehrere Wartende versammelt. Als dann eine erste ältere Dame ins Amt gerufen wurde, habe es spontanen Applaus und freudige Rufe gegeben. So schildert es Mandy Böhmler gegenüber dem SWR. Mit ihrem zehn Monate alten Baby hatte sie wegen neuer Ausweise angestanden, erzählt sie dem SWR am Mittwoch. Wenig später sei die ältere Dame wieder aus dem Amt gekommen - unverrichteter Dinge. Technische Probleme verhinderten die Bearbeitung, hieß es. In der Warteschlange habe es Verständnis gegeben, so berichtet die junge Mutter weiter.

Kurz drauf sei ein Mitarbeiter zu den Wartenden gekommen und habe gesagt, dass das Amt wegen Buh-Rufen aus der Warteschlange schließen müsse. Mindestens ein Mitarbeiter habe einen Nervenzusammenbruch erlitten und sich nicht beruhigen lassen. Laut Mandy Böhmler hätten alle Wartenden darauf ruhig und verständnisvoll reagiert und seien gegangen - auch sie ohne neue Ausweise. "Wenn wir aggressiv gewesen wären, hätte die Security eingegriffen", führt sie aus. Diese sei aber nicht eingeschritten.

OB Cohn: Mitarbeiter mussten sich krankmelden

Der Leonberger Oberbürgermeister Cohn schildert die Situation anders. In dem Facebook-Video rechtfertigte er die kurzfristige Schließung des Bürgeramts. Eine Gruppe von Mitbürgerinnen und Mitbürgern habe "sich formiert und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit respektlosem Verhalten angegangen". "Ziemlich fertig" seien die Mitarbeiter gewesen wegen der Menschen in der Warteschlange. Er verstehe auch, dass sich Mitarbeiter daraufhin krank gemeldet hatten.

Junge Mutter fordert Entschuldigung von OB Cohn

Mandy Böhmler empört das Video des Oberbürgermeisters. "Als junge Mutter mit Baby hier als pöbelnd" dargestellt zu werden, mache sie wütend. "Wir waren alle friedlich und verständnisvoll" und man habe sogar überlegt, was man Freundliches zu den überlasteten Menschen im Amt sagen wolle, berichtet sie am Tag danach. Sie erwartet vom Oberbürgermeister eine Entschuldigung für die aus ihrer Sicht falschen Beschreibungen ihres Verhaltens und das der anderen Wartenden in der Schlange.

Bei Facebook haben mittlerweile andere Nutzerinnen und Nutzer die Beschreibungen von Mandy Böhmler bestätigt. Sie seien unter den Wartenden gewesen. Keiner von ihnen habe randaliert oder rumgeschrien, liest man in den Kommentaren.

OB Cohn: Respektloses Verhalten nicht zu rechtfertigen

Die Stadt Leonberg hat am Mittwochnachmittag nicht konkret auf die Vorwürfe von Mandy Böhmler reagiert. Gegenüber dem SWR ließ Oberbürgermeister Martin Georg Cohn wörtlich mitteilen: "Der Vorfall im Bürgeramt sowie einige Kommentare auf Facebook machen deutlich, wie groß der Unterschied zwischen Sender und Empfänger manchmal sein kann. Wichtig ist immer mit einzubeziehen, wie eine Äußerung oder eine Tat bei meinem Gegenüber ankommt." Er fordert Frust nicht bei den Kolleginnen und Kollegen im Rathaus abzulassen. Respektloses Verhalten sei nicht zu rechtfertigen.

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