Die grundlegende Umstrukturierung des Klinikverbunds Südwest ist so gut wie beschlossen: Nagold und Böblingen etwa können jubeln, in Herrenberg wird massiv gestrichen.
Die Krankenhäuser in Leonberg, Herrenberg (beide Kreis Böblingen) und Calw werden künftig keine Geburtshilfestationen mehr haben. Das hat der Aufsichtsrat des Klinikverbunds Südwest Mitte November entschieden, aber erst am Dienstag mitgeteilt. Es ist nur einer von vielen grundlegenden Beschlüssen für die Neuausrichtung der insgesamt sechs Krankenhäuser in Herrenberg, Leonberg, Böblingen, Sindelfingen, Calw und Nagold mit insgesamt rund 6.000 Mitarbeitenden. Damit will der Klinikverbund aus den roten Zahlen kommen und sich zukunftsfähig aufstellen.
"Schwierige Rahmenbedingungen haben uns zum Handeln gezwungen. Ohne unser aktives Zutun droht die Privatisierung", sagte der Böblinger Landrat und Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikverbunds Südwest Roland Bernhard (parteilos). "Medizinkonzeption 2030" heißt das Papier, in dem alle Maßnahmen aufgelistet sind.
Kreistage haben das letzte Wort bei Klinikreform
In der Konzeption steht zum Beispiel, dass das noch im Bau befindliche Flugfeldklinikum Böblingen-Sindelfingen Vorzeigekrankenhaus und Maximalversorger werden soll. Im Kreis Calw wird die Klinik in Nagold zum Hauptkrankenhaus ausgebaut. Dagegen wird Herrenberg künftig kein Krankenhaus im klassischen Sinn mehr haben. Das letzte Wort über das Konzept haben die Kreistage in Böblingen und Calw, die Träger des Klinikverbunds Südwest. Eine Entscheidung soll noch im Dezember fallen.
Krankenhaus Herrenberg wird Gesundheitszentrum
Das Krankenhaus in Herrenberg muss die gravierendsten Einschnitte hinnehmen. Der Standort wird laut dem Aufsichtsrat des Klinikverbunds Südwest ab Mitte 2025 zu einem Gesundheitszentrum mit 120 Betten umgebaut - 40 davon für eine medizinische Basisversorgung. Die Palliativstation wird von 6 auf 20 Betten aufgestockt. Weitere Plätze stehen dann bereit für Altersmedizin und Kurzzeitpflege.
Außerdem soll in Herrenberg ein ambulantes OP-Zentrum entstehen. Die Notfallaufnahme werde rund um die Uhr gewährleistet bleiben. Seine Geburtshilfeabteilung soll Herrenberg verlieren - diese geht nach Nagold. Übrig bleiben würde in Herrenberg dann nur eine ambulante Hebammenpraxis.
Keine Geburtshilfe mehr im Krankenhaus Leonberg ab 2028
Heftig umstritten in der Bevölkerung ist auch die Entscheidung des Kliniken-Aufsichtsrats, die Geburtshilfe des Leonberger Krankenhauses ins neue Flugfeldklinikum umzuziehen. Dies soll nach dem aktuellen Beschluss vorausssichtlich im Jahr 2028 der Fall sein.
Bis dahin bleibe das gynäkologische und geburtshilfliche Angebot inklusive des hebammengeführten Kreißsaals in Leonberg erhalten. Außerdem soll das Krankenhaus zu einem sogenannten Grund- und Regelversorger mit knapp 200 Betten weiterentwickelt werden. Das bedeutet, der Klinikverbund will den Schwerpunkt mit Innerer Medizin erhalten und mit Altersmedizin erweitern.
Nagold wird Hauptkrankenhaus im Kreis Calw
Das Krankenhaus in Nagold wird laut Aufsichtsrat zum sogenannten Schwerpunktversorger mit knapp 300 Betten ausgebaut. Das bestehende Angebot soll erhalten oder weiterentwickelt werden. Neu dazu kommt die Geburtshilfe und Gynäkologie, die in Herrenberg und Calw abgebaut wird.
In Nagold strebt man dann ebenfalls die Zertifizierung zum babyfreundlichen Krankenhaus und einen hebammengeführten Kreißsaal an. Zunächst muss in Nagold aber noch eine Generalsanierung stattfinden.
Notfallversorgung in Calw bleibt erhalten
Calw wird nach Angaben des Klinikverbunds zu einem Grund- und Regelversorger mit rund 170 Betten und bekommt den Schwerpunkt Altersmedizin. Auch eine Basisnotfallversorgung rund um die Uhr wird es geben.
Die Gynäkologie und Geburtshilfe aus Calw wird mit der aus Herrenberg zusammengeführt und nach Nagold umziehen. Die spezialisierte Schlaganfallabteilung bleibt zunächst noch in Calw, soll dann später aber auch nach Nagold gehen.
Flugfeldklinikum soll mit Stuttgart und Tübingen konkurrieren
In das neue Flugfeldklinikum, das 2026 die bisherigen Krankenhäuser in Böblingen und Sindelfingen ersetzen soll, setzen die Verantwortlichen große Hoffnungen. Das Flugfeldklinikum wird zum Maximalversorger ausgebaut und soll dann mit den großen Krankenhäusern in Stuttgart und Tübingen konkurrieren können.
Der Klinikverbund will hier ein neurologisches Zentrum einrichten. Das neue Flugfeldklinikum kostet vermutlich über 600 Millionen Euro.
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