Stuttgarts OB Nopper empfiehlt der Stadtverwaltung in einem Rundschreiben, auf Gender-Sonderzeichen zu verzichten. Der Gesamtpersonalrat reagiert prompt.
Nachdem sich die baden-württembergische Landesregierung darauf geeinigt hat, dass Genderzeichen im offiziellen Schriftverkehr verboten werden, will Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) jetzt nachziehen. In einem Schreiben an alle Beschäftigten der Stadtverwaltung empfiehlt Nopper, nur noch in Ausnahmefällen zu gendern. Die Verwendung von Gender-Sonderzeichen soll im Vergleich zur Haltung der Landesregierung aber grundsätzlich zulässig bleiben.
Mehrheit der Bevölkerung lehnt Genderzeichen laut Umfrage ab
Aus Sicht des Oberbürgermeisters gibt es mehrere Gründe, warum Genderzeichen nicht sinnvoll seien. Sprache sei dadurch schwerer verständlich, es würden mehr Menschen ausgeschlossen statt eingebunden werden. Außerdem sei der Genderstern in der Bevölkerung nach wie vor unbeliebt.
Dabei bezieht sich Nopper auf eine repräsentative Umfrage des Statistischen Amts Stuttgart aus dem Jahr 2023. Die Auswertung habe gezeigt, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Verwendung von Genderzeichen ablehne. Außerdem argumentiert der Oberbürgermeister, dass auch der Rat für deutsche Rechtschreibung in seiner Stellungnahme vom Dezember 2023 erneut für eine geschlechtergerechte Sprache, aber gegen die Verwendung von Gender-Sonderzeichen ausgesprochen hat.
Ansprache an Sprachgebrauch der Zielgruppe anpassen
Deshalb will der Oberbürgermeister die 2020 verabschiedete Vorlage zur "Umsetzung der geschlechtersensiblen Verwaltungssprache" außer Kraft setzen und neu fassen. Grundsätzlich dürften Mitarbeitende aber weiter Gender-Sonderzeichen einsetzen. "Verständlichkeit und Lesbarkeit sind maßgebend", heißt es im Rundschreiben des Oberbürgermeisters. Wer gendern möchte, sollte seine Entscheidung auch davon abhängig machen, "ob dies dem Sprachverständnis und Sprachgebrauch der adressierten Zielgruppe entspricht", so Nopper.
Gesamtpersonalrat in Stuttgart kritisiert das Rundschreiben
Der Gesamtpersonalrat der Stadt Stuttgart reagierte direkt auf das Rundschreiben. Denn auch ihm geht es um die richtigen Zielgruppen. In einem offenen Brief an den Oberbürgermeister heißt es, dass Schreiben und Veröffentlichungen vom Gesamtpersonalrat auch künftig mit Genderstern verfasst werden. Denn durch die Nutzung des Gendersterns will er die Menschen unter den 16.000 Mitarbeitenden der Stadtverwaltung ansprechen, "die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen lassen".
Es gebe also keinen Anlass, an der geübten Praxis etwas zu ändern. "Parallel wurde und wird auf vielen Ebenen und an vielen Orten die Vielfalt der Verwaltung gelobt, gelebt und befördert", heißt es weiter in dem offenen Brief. Es gebe beispielsweise die Kampagne "Stuttgart ist bunt", und die Landeshauptstadt beteilige sich jährlich mit einer Gruppe beim Christopher Street Day.
Debatte um Binden und Tampons auch auf der Herrentoilette
Erst im Herbst 2022 wurde aus demselben Grund im Stuttgarter Rathaus gestritten. Die Debatte um Menstruationsartikel auch auf der Herrentoilette machte bundesweit Schlagzeilen. Der Antrag für kostenlose Tampons und Binden auch auf Herrentoiletten kam von der Grünen-Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat. Im Haushalt wurden für das Pilotprojekt zur Gleichberechtigung von intersexuellen Menschen und Trans-Personen 10.000 Euro zur Verfügung gestellt. OB Nopper hatte sich gegen das Angebot ausgesprochen. Die Diskussion zeige, wie weit sich Teile der Kommunalpolitik von den wirklichen Sorgen und Nöten der großen Mehrheit der Menschen entfernt hätten, sagte er damals.
Nopper im Wahlkampf: Stuttgart sollte für alle attraktiver Arbeitgeber sein
Im OB-Wahlkampf antwortete Nopper 2020 in einem Wahlcheck queerer Vereine und Verbände in Stuttgart auf die Frage, ob er Impulse plane, die städtischen Mitarbeitenden für die Vielfalt von Geschlechtern und sexueller Identitäten zu sensibilisieren, dass die Stadt Stuttgart "gerade auch für Menschen aus der LSBTTIQ-Community ein attraktiver Arbeitgeber" sein sollte. Grundsätzlich, so Nopper damals, "sollen alle Themen rund um Diversity in allen Bereichen der Stadtpolitik und der Verwaltung positiv erlebbar sein".