Das Land sucht Standorte für neue Erstaufnahmestellen. Es zieht auch Fellbach in Betracht. Aber die Stadt fühle sich übergangen, kritisiert Oberbürgermeisterin Zull.
Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Fellbach (Rems-Murr-Kreis) zeigen sich irritiert darüber, dass das Land ein Gewerbegebiet in der Stadt als Standort für eine neue Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Erwägung zieht. Die Stadt lehne eine LEA dort ab, heißt es in einer Mitteilung von Oberbürgermeisterin Gabriele Zull (parteilos) vom Donnerstag. Dafür nennt sie mehrere Gründe, beispielsweise, dass die geprüften Grundstücke nicht zusammenhängend seien. "Dabei stellt sich die Frage, wie hier eine LEA effektiv aufgestellt werden kann", teilte Zull dazu mit.
Fellbacher Gemeinderat fühlt sich schlecht informiert
Es sei außerdem nicht in Ordnung, dass Fellbach erst dann von der Standortprüfung erfahre, wenn die Presse darüber berichte, heißt es in der Mitteilung. Nach Bekanntwerden der Pläne wandte sich die Oberbürgermeisterin mit einem offenen Brief an Justizministerin Marion Gentges (CDU), um mehr Informationen einzufordern.
Bisher habe die Verwaltung vom Ministerium keine Auskunft erhalten, nach welchen Kriterien die Flächen auf Eignung geprüft werden. Oberbürgermeisterin Zull betonte, dass Fellbach im Vergleich zu anderen Gemeinden oder Städten eine relativ kleine Kommune mit hoher Dichte an Menschen sei. Deshalb müsse die Gemeinde mit ihren Flächen gut haushalten.
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Zull befürchtet "Goldgräberstimmung" im Immobilienbereich
Für das Gewerbegebiet an der Stuttgarter Straße habe Fellbach bereits vor Jahren eigene Pläne entwickelt, um hier Gewerbe- und landwirtschaftliche Flächen anzusiedeln. Außerdem sei das Gebiet wichtig für die städtische Nachverdichtung und den Klimaschutz. Mit ihren Plänen, im Fellbacher Gewerbegebiet eine LEA zu errichten, fördere das Land eine "Goldgräberstimmung bei Grundstückseigentümern und Maklern".
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Fellbach mache schon jetzt genug, so Zull
Auch wenn Fellbach eine LEA in dem Gewerbegebiet ablehne, nehme man als kleine Gemeinde seine "humanitäre Verpflichtung in der Flüchtlingspolitik ernst", so Zull. Auch die Grünen-Gemeinderätin Agata Ilmurzynska teilte mit, Fellbach komme seiner Pflicht, Geflüchtete aufzunehmen und zu integrieren, bereits jetzt in vorbildlicher Weise nach. Zum aktuellen Stand verfüge Fellbach über 14 Unterkünfte für knapp 1.000 Menschen sowie drei Gemeinsschaftsunterkünfte für mehrere hundert Menschen im Landkreis, heißt es in der Mitteilung aus dem Büro der Oberbürgermeisterin.
Eine LEA sei hingegen eine reine "Verwaltungseinheit" für 500 bis 2.000 Menschen, die die ankommenden Geflüchteten registriere und dann weiterverteile. Zull kritisiert, mit einer LEA würde in Fellbach "unser bestehendes System mit langfristigen Verpflichtungen und motivierten Mitarbeitenden" "an die Wand gefahren" werden.
Land kann LEA auch gegen den Willen von Fellbach durchsetzen
Nun steht der Oberbürgermeisterin zufolge ein Treffen mit Verantwortlichen aus dem Ministerium bevor. Hierbei wolle man "schnell deutlich" machen, "dass sich das Areal nicht eigne". Doch das Migrations- und Finanzministerium teilte kürzlich mit, dass solche Unterkünfte rechtlich gesehen auch ohne die Zustimmung der Kommune eingerichtet werden könnten. Ähnlich hatte sich zuvor Justizministerin Marion Gentges (CDU) in einem Interview mit der "Schwäbischen Zeitung" geäußert.
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