Helfer aus der ganzen Welt sind ins Erdbebengebiet in die Türkei gereist. Nico Scheich aus Marbach ist einer von ihnen. Er spricht von einer Situation wie beim Weltuntergang.
Nico Scheich aus Marbach (Kreis Ludwigsburg) war als ehrenamtlicher Helfer in der türkischen Erdbebenregion. Im Interview erzählt er von den Zuständen vor Ort und wie er helfen konnte.
SWR: Von Sonntag auf Montag vergangene Woche war das Erdbeben in der Türkei und in Syrien, das zweite war Montagmittag. Abends sind Sie von Frankfurt nach Istanbul geflogen - ehrenamtlich. Wie ist es Ihnen vor Ort ergangen?
Nico Scheich: Bei einer Katastrophe diesen Ausmaßes muss man sich natürlich klar sein, dass dort der Kriegszustand herrscht, also Weltuntergang. Die Situation dort war sehr verstörend, da tatsächlich große Teile der Stadt dem Erdboden gleichgemacht wurden. Die Personen sind obdachlos, sind teilweise mit Feuertonne auf der Straße. Wasserversorgung, Abwasserversorgung - alles ist zerstört, es gibt keine Elektrizität.
SWR: Wie konnten Sie konkret helfen?
Scheich: Durch unser frühes Ankommen in dem Katastrophengebiet konnten wir innerhalb von den ersten 48 Stunden tatsächlich vier Rettungen durchführen, eine davon hat über 16 Stunden gedauert. Obwohl die Situation dort im Katastrophengebiet auf den ersten Blick sehr aussichtslos erscheint, hatten wir das Glück, auch vier Tage nach der Katastrophe noch eine fünfte Personen lebend aus den Trümmern zu retten.
SWR: Sie sind Teil der Hilfe, die von der UN koordiniert wird, gewesen. Wie gut hat es vor Ort geklappt?
Scheich: Bei Katastrophen dieser Dimension gibt es natürlich immer eine Chaosphase. Die dauert bei diesem Ausmaß durchaus auch mehrere Tage. Durch unser schnelles Eintreffen haben wir zusammen mit den Kollegen aus der Schweiz ein sogenanntes "Reception Center" am Flughafen in Adana betrieben. Dort wird internationale Hilfe registriert, sodass dort der erste Überblick geschaffen wird. Dennoch muss man auch erwähnen, dass dann im späteren Einsatzgebiet bei Maras am Anfang die internationalen Strukturen noch nicht direkt koordiniert werden konnten.
SWR: Heute Nacht sind Sie zurück nach Hause gekommen. Sie sind erst 27 Jahre alt, waren aber schon bei Katastrophen in Haiti, in Nepal und auch bei dieser fürchterlichen Explosion in Beirut. Wie geht es Ihnen jetzt heute?
Scheich: Natürlich fällt erst mal eine Last von einem ab, wenn man einfach zu Hause wieder ankommt und in seinem eigenen Bett liegt. Aber das dauert ein paar Tage, bis man wieder zurück in die Realität kommt, weil einfach die Masse an Informationen und die Masse des Erlebten innerhalb von so kurzer Zeit verarbeitet werden müssen. Daher werde ich jetzt erst mal bei einem gemütlichen Kaffee und einer warme Dusche erst mal probieren, wieder in der normalen Realität anzukommen.
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