Aufatmen in Stuttgart. Die Stammstreckensperrung ist vorbei. Seit Samstag rollen die S-Bahnen wieder zwischen dem Hauptbahnhof und Vaihingen. Nicht alles lief glatt.
Alle Jahre wieder: Bereits seit vier Jahren wird die Stammstrecke zwischen dem Stuttgarter Hauptbahnhof und Stuttgart-Vaihingen in den Sommerferien gesperrt. Seit dem 26. Juli fuhren auf der Strecke deshalb Busse statt S-Bahnen.
Grund für S-Bahn Sperrung in Stuttgart: Tunnel werden modernisiert
Hintergrund ist die Modernisierung der Tunnel unter der Innenstadt. Im Rahmen des Projekts Digitaler Knoten Stuttgart wird die Strecke mit einer neuen digitalen Technik, genannt ETCS, ausgestattet. In diesem Sommer standen nach Angaben der Bahn vor allem Kabelarbeiten auf dem Programm. Die neue Technik soll dann zeitgleich mit dem neuen Hauptbahnhof im Dezember 2026 in Betrieb gehen. Laut der Deutschen Bahn soll das "enger getaktete und zuverlässigere Zugfahrten ermöglichen."
Dass die Sperrungen immer wieder in den Sommerferien anstehen, hat auch in diesem Jahr im Vorfeld für Unmut gesorgt. Den Zeitpunkt habe man aber bewusst gewählt, um möglichst wenige Schülerinnen und Schüler und Berufstätige einzuschränken, hieß es vom zuständigen Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS).
Bahn ist zufrieden mit den Bauarbeiten bei der S-Bahn in Stuttgart
Nach Angaben der Deutschen Bahn, rollen die S-Bahnen seit Samstag um 4:30 Uhr wieder über die Stammstrecke. Mit dem Bauablauf sei man "sehr zufrieden". Doch es wurden nicht nur Kabel verlegt - während der Stammstreckensperrungen werden jedes Jahr auch einzelne Haltestellen erneuert. Besonders sichtbar für die Fahrgäste seien in diesem Jahr die Arbeiten in der Station Feuersee, die jetzt heller und attraktiver sei. Die Station habe jetzt einen neuen Bodenbelag, einen neuen Treppenaufgang und LED Beleuchtung.
Fahrgastverband Pro Bahn übt Kritik an Sperrung der Stammstrecke in Stuttgart
Der Ersatzverkehr sei sehr gut verlaufen, so die Bahn. Die Ersatzbusse seien klimatisiert gewesen und hätten WLAN gehabt. Der Vorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn für die Region Stuttgart, Wolfgang Staiger, übt hingegen Kritik: Am Anfang der Sommerferien sei es mit dem Busersatzverkehr zwar zunächst relativ problemlos angelaufen, so Staiger. Das habe aber auch daran gelegen, dass die Straßen da noch relativ leer waren, weil viele im Urlaub waren.
In den letzten Woche habe er aber vermehrt Rückmeldungen bekommen, dass die Busse im Stau stecken geblieben seien oder überfüllt waren. "Das war eine ziemliche Beeinträchtigung", so Staiger.
Fahrgäste auf Stammstrecke in Stuttgart genervt
Wer sich an der Stuttgarter Schwabstraße an den letzten Tagen des Ersatzverkehrs mit Bussen umgehört hat, bekommt eine gemischte Bilanz. Vor allem Pendlerinnen und Pendler, die nicht nur auf der Stammstrecke unterwegs sind, sondern aus Stuttgart heraus in die Region weiterfahren, sind unzufrieden.
Eine Studentin wartete an der Haltestelle. Sie zeigte sich genervt. "Ich wohne draußen in Cannstatt. Mit der Bahn braucht das von der Uni neun Minuten. Mit dem Bus kann es bis zu einer Stunde dauern." Neben ihr steht eine Studienkollegin. Die beiden lachen und sind sich einig: "Das Ganze geht jetzt schon mehrere Jahre. Wir sind vorher mit unserem Studium durch, ehe die Bahn fertig wird. Ganz ehrlich: Es nervt!".
Auch ein Elektriker, der am Nordbahnhof lebt: "Eigentlich brauche ich zehn Minuten. Aktuell sind es mit dem Bus dreißig. Und die Busse kommen oft zu spät. Ich habe noch nie erlebt, dass der Fahrplan eingehalten wird." Außerdem seien die Busse zu den Hauptverkehrszeiten oft überfüllt gewesen.
Vor allem ältere Menschen beklagen sich, dass die Umsteigezeiten durch den Ersatzverkehr länger werden. "Das ist alles eine Zumutung für uns Alte", entrüstet sich ein Mann über 70. Er hätte vor Kurzem versucht, am Abend vom Flughafen an die Schwabstraße zu kommen. Er hätte mehrfach umsteigen müssen und sei am Ende über zwei Stunden unterwegs gewesen. Die Fahrt hätte länger gedauert, als sein Flug aus Barcelona nach Stuttgart.
Einige Pendler zeigen Verständnis
Es gibt aber auch andere Stimmen. "Die Bahn muss halt modernisieren", sagt eine junge Frau, die an der Schwabstraße wohnt. Sie pendelt nach Esslingen. Dadurch, dass die Stammstreckensperrung immer weit im Voraus angekündigt sei, könne man sich gut darauf einstellen. Ein Tourist aus Köln meint: "Das ist doch gut gemanagt! Und auch wirklich gut ausgeschildert, wenn man sich nicht auskennt. Ich bin da Schlimmeres gewohnt."
Weitere S-Bahn Sperrungen in Stuttgart kommen
Die Stammstreckensperrung ist für dieses Jahr überstanden. Aber jetzt zu sagen: Der ÖPNV rollt wieder in Stuttgart, trifft es nicht ganz. In ihrem Bilanzschreiben kündigt die Bahn direkt die nächste Baustelle an: Vom kommenden Montag (9.9.) an bis Ende September ersetzen Busse die S-Bahnen auf der Strecke Stuttgart-Vaihingen bis zum Flughafen und der Messe in Filderstadt. Die S1, S2 und S3 fahren in der Zeit zum Teil nur im Halbstundentakt.
Hintergrund sind Gleiserneuerungen auf der Strecke. Und auch die Stammstrecke wird in den Sommerferien 2025 und 2026 wieder dicht sein.
Ersatzverkehr auch bei der SSB
Und nicht nur an den S-Bahn Strecken wird gebaut, auch bei der Stadtbahn müssen sich Fahrgäste auf Einschränkungen einstellen. Unter anderem auf der Strecke der U9 und U13. Wegen Gleisarbeiten zwischen Hedelfingen und Wangen kommt auch hier ab Montag Ersatzverkehr bis November.
Pro Bahn blickt sorgenvoll auf die kommenden Sperrungen
Wolfang Staiger von Pro Bahn würde sich für die kommenden Stammstreckensperrungen wünschen, dass der Busersatzverkehr optimiert wird. "Da sehe ich große Defizite", sagt Staiger und schlägt vor, während der Sperrungen eine extra Busspur einzurichten, um Verzögerungen durch Staus zu verhindern.
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