An seiner Schuld bestand kein Zweifel. Trotzdem war unklar, ob der Angeklagte das Gericht als freier Mann verlässt. Am Donnerstag hat das Landgericht das Urteil gesprochen.
Mehr als 27 Jahre nach der Tat in Sindelfingen (Kreis Böblingen) hat das Landgericht Stuttgart am Donnerstag den Angeklagten zu lebenslanger Haft wegen Mordes verurteilt. Das Landgericht sah Heimtücke als erwiesen an. Heimtücke ist ein sogenanntes Mordmerkmal.
Der Angeklagte habe im Jahr 1995 die Arglosigkeit und Wehrlosigkeit einer jungen Frau ausgenutzt, sie angegriffen und mit mehreren Stichen an der S-Bahn-Haltestelle Goldberg in Sindelfingen getötet. Der Täter habe mit der Ermordung der jungen Frau eine narzisstische Selbstbestätigung gesucht. Er habe zeigen wollen, dass er es kann, so das Gericht in der Urteilsbegründung.
Bis zum Schluss war unklar, ob der inzwischen 72-jährige Angeklagte das Gericht als freier Mann verlassen kann. Denn hätte das Gericht nicht auf Mord, sondern auf Totschlag geurteilt, wäre das Verbrechen verjährt gewesen.
Angeklagter bereits zum zweiten Mal vom Landgericht verurteilt
Der Mann saß bereits zum zweiten Mal wegen desselben Falls auf der Stuttgarter Anklagebank. Er war im Juli 2021 von einer anderen Kammer des Landgerichts zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er 1995 in Sindelfingen die Frau angegriffen und erstochen hatte. Laut Bundesgerichtshof war das Mordmerkmal der Heimtücke jedoch nicht ausreichend bewiesen. Der Fall wurde ans Landgericht Stuttgart zurück verwiesen, das ihn jetzt erneut wegen Mordes verurteilt hat.
Schwester des Opfers sehr erleichtert - gehen Verteidiger erneut in Revision?
Nach dem Urteil zeigte sich die Schwester der getöteten Frau, Nicola Moser, sehr erleichtert. Sie hoffe, dass ihre Familie jetzt zur Ruhe kommen könne, sagte sie im SWR. Mit dem Tod ihrer Schwester habe sie sich ihr halbes Leben lang beschäftigt. Das erneute Gerichtsverfahren habe sie sehr belastet. Noch einmal stehe sie das nicht durch, sagte sie.
Möglicherweise könnte es aber noch nicht das letzte Gerichtsverfahren sein. Die zwei Verteidiger zeigten sich nicht einverstanden mit dem Urteil und sagten, dass sie wahrscheinlich erneut in Revision gehen werden.
DNA-Spuren helfen im Cold Case
Für die Polizei war der gewaltsame Tod der jungen Frau aus Stuttgart viele Jahre ein sogenannter Cold Case, also ein Fall, der lange nicht geklärt werden konnte.
Mann stand auch in Würzburg vor Gericht
Der Angeklagte war bereits 2007 in einem anderen Fall wegen Totschlags verurteilt worden. Er hatte eine Anhalterin aus Obersontheim (Kreis Schwäbisch Hall) getötet. Im ersten Anlauf wurde er freigesprochen, im zweiten Prozess vom Landgericht Würzburg verurteilt. Im gleichen Verfahren war er zudem wegen der Erpressung des Shell-Konzerns verurteilt worden.
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