Christian E. Weißgerber war führender Neonazi - und ist ausgestiegen. Beim Bunt statt Braun Festival in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) hat er einen Workshop für Jugendliche zum Rechtsextremismus geleitet.
Christian E. Weißgerber war jahrelang aktiver Neonazi – und hat nun in einem Workshop beim Bunt statt Braun Festival in Waiblingen vor der Gefahr durch den Rechtsextremismus gewarnt. Bis 2010 gehörte Weißgerber zur Führungsriege der "Autonomen Nationalisten" in Thüringen, einer militanten Neonazi-Splittergruppe. Er organisierte Demonstrationen, verfasste Kampfschriften und drehte Propaganda-Videos. Weißgerbers Gruppe wurde vom Verfassungsschutz beobachtet, denn sie galt als besonders gewaltbereit.
Umdenken und Aussteigen
Irgendwann sei das Umdenken gekommen, bekennt er in einem Interview beim Deutschlandfunk Kultur. Der Grund: persönliche Enttäuschungen und inhaltliche Differenzen. Auch Repressalien durch die Polizei hatten eine Rolle gespielt. Weißgerber stieg aus der rechtsextremen Szene aus. Doch alle aufgebauten Strukturen lebten fort, sagt er. Das habe zur Folge, dass man Verantwortung übernehmen und in den Grenzen der eigenen Möglichkeiten gegen diese Strukturen vorgehen müsse.
Aufklärungsarbeit gegen Rechtsextremismus
Deshalb macht der 34-jährige Kulturwissenschaftler und Philosoph Aufklärungsarbeit und informiert darüber, wie nationalistische und rassistische Politik funktioniert - wie gefährlich sie ist. So auch bei dem Workshop in Waiblingen mit Schülerinnen und Schülern der Klassen 10 bis 12. Prävention gegen Rechtsextremismus sollte dort stattfinden, wo die Leute noch nicht großflächig sympathisieren, wo Menschen noch nicht radikalisiert werden, meint er.
Bei Veranstaltungen wie der in Waiblingen will der Neonazi-Aussteiger darauf hinweisen, dass manche Dinge vielleicht problematischer sind, als man denkt. Viele Menschen hielten sich eigentlich nur für brave Patrioten oder als ganz normale Bürgerliche aus der Mitte – hätten aber in Wirklichkeit rechtsextremistische Ansichten. Informativ und interessant sei der Workshop gewesen, sagen die Teilnehmenden. Für manche gab es ganz neue Einblicke in den Rechtsextremismus.
Jugendkulturwoche für Vielfalt und gegen Rassismus
Bunt statt Braun ist eine Jugendkulturwoche für Vielfalt und gegen Rassismus, die seit 2005 im Waiblinger Kulturhaus Schwanen stattfindet. Die Veranstalter wollen etwas gegen beschränkte Realitätswahrnehmung und starre Haltung bei Jugendlichen tun. Workshops, Rollenspiele, Filme, Konzerte, Theateraufführungen, Ausstellungen und Gespräche sollen Schülerinnen und Schüler wesentliche Fragen ihres Lebens verdeutlichen. Die vielen künstlerischen Aktionen sollen zeigen, wie sie damit umgehen können, welche Handlungsspielräume sie haben. Bunt statt Braun erreicht jedes Jahr rund 1.000 Jugendliche von Waiblinger Schulen und der Umgebung.