Nach seiner Freilassung spricht "Querdenken"-Gründer Michael Ballweg über seine Zukunftspläne. Dabei wird deutlich, dass Ballweg die "Querdenken"-Bewegung neu ausrichten möchte.
Über neun Monate saß der Gründer der "Querdenken"-Bewegung in Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht hatte den Haftbefehl gegen Ballweg aufgehoben. In der Vergangenheit wurden SWR-Mitarbeiter häufig von "Querdenken"-Mitgliedern gefilmt, während sie gearbeitet haben. Zu diesem Interview erschien Ballweg nur mit einem seiner Anwälte.
Bereits Ende März hatte die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Michael Ballweg erhoben. Er muss sich demnach wegen versuchten Betrugs, Geldwäsche und Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten. Laut Ballwegs Anwälten haben 9.450 Personen dem "Querdenken"-Gründer Geld überwiesen. Von diesem Geld soll Ballweg dann, so die Staatsanwaltschaft, mindestens eine halbe Million Euro in sein Privatvermögen umgeleitet haben. Aus juristischer Sicht handele es sich um versuchten Betrug, weil den Geldgebern vorgegaukelt worden sei, Ballweg habe sich darum bemüht, dass "Querdenken 711" als gemeinnützig anerkannt wird. Noch ist nicht klar, wann der Prozess beginnen wird.
"Querdenken"-Gründer ohne finanzielle Mittel
"Meine Konten sind noch immer eingefroren", sagt Ballweg. "Keine Kreditkarte, kein Auto, keine Wohnung - glücklicherweise erfahre ich große Unterstützung von Menschen, die mich kennen". Er stünde wieder ganz am Anfang, gehe jedoch davon aus, dass er bald wieder Zugriff auf seine Gelder erhalte.
Details zur Anklage bekannt "Querdenken"-Gründer Ballweg wegen Geldwäsche angeklagt
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Anklage wegen Geldwäsche und versuchten Betrugs gegen Michael Ballweg erhoben. Am Freitag hat die Behörde Details bekannt gegeben.
Die rund neunmonatige Untersuchungshaft hatte die Staatsanwaltschaft unter anderem mit Fluchtgefahr begründet. Diese erkennt sie unter anderem, weil Ballweg sein Haus in Stuttgart verkauft hatte.
"Querdenken"-Gründer plant, "mobiler zu leben"
"Das Haus wurde im Rahmen der Scheidung von meiner Ex-Frau verkauft", erklärt der "Querdenken"-Gründer. Das damalige Haus sei recht groß und weitläufig gewesen. So viel Platz brauche er nicht mehr. Er plane zwar in Deutschland wohnhaft zu bleiben, voraussichtlich jedoch nicht mehr in Baden-Württemberg.
Nach erneutem Haftprüfungsverfahren Stuttgart: "Querdenken"-Gründer Ballweg aus U-Haft entlassen
Neun Monate saß der Gründer der "Querdenken"-Initiative Michael Ballweg in Untersuchungshaft. Am Dienstag kam er aus der JVA Stuttgart-Stammheim frei.
"Ich möchte zentraler in Deutschland wohnen", erklärt Ballweg. "Das passt auch besser zu meiner politischen Aktivität, um in alle Richtungen angebunden zu sein." Kurz vor seiner Festnahme im Juni 2022 hatte Ballweg eine Weltreise geplant. Die wolle er nun nicht mehr starten. Doch er wolle in den kommenden Monaten unterschiedliche Orte in Europa besuchen.
"Querdenken"-Bewegung soll wieder aktiv werden
Während Michael Ballweg sich in Untersuchungshaft befand, organisierten Mitglieder der "Querdenken"-Bewegung immer wieder Proteste an der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim, in der er untergebracht war. Ähnliche Protestaktionen könnten in den nächsten Monaten an Gefängnissen in ganz Deutschland stattfinden. Offenbar hat Ballweg ein neues, zumindest aber ein weiteres Protestziel gefunden.
"Ich habe von ganz ähnlichen Schicksalen wie meinem gehört", erklärt Ballweg. "Menschen, die sich auch - aus meiner Sicht - aus fragwürdigen Gründen in Haft befinden. Für die möchte ich mich miteinsetzen." Die nächste "Querdenken"-Demonstration soll noch kommenden Sonntag vor der Vollzugsanstalt in Stuttgart-Stammheim stattfinden.
"Querdenken"-Bewegung Hunderte demonstrieren für Freilassung von Michael Ballweg
Seit Juni 2022 sitzt der Initiator der "Querdenken"-Bewegung, Michael Ballweg, in U-Haft. Seine Anhänger forderten am Sonntag bei Protesten in Stuttgart seine Freilassung.
Auch über den Ukraine-Krieg und das amerikanische Militär spricht Ballweg immer wieder im Interview. "'Querdenken' steht für Frieden und Freiheit", behauptet er. Waffenlieferungen an die Ukraine lehnt er ab. "Auch dafür möchten wir auf die Straße gehen. Und weiterhin für mehr direkte Demokratie." Eine politische Laufbahn, wie er sie beispielsweise 2020 bei der Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart angestrebt hatte, gehöre nicht mehr zu seinen Zielen. Stattdessen wolle er weiter Demonstrationen und Kundgebungen organisieren, um seine politischen Ziele zu verfolgen. Dabei überlegt er auch mit anderen Organisationen zusammenzuarbeiten.
Verfassungsschutz: Mitglieder der Querdenken-Bewegung unter Beobachtung
Im März 2020 hatte Ballweg Proteste gegen die Corona-Maßnahmen von Bundes- und Landesregierung organisiert. Ab April 2020 unter dem Namen "Querdenken 711". In ganz Deutschland organisierten sich Regionalgruppierungen der "Querdenken"-Bewegung. Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter Michael Blume hält "Querdenken" für eng verbunden mit der amerikanischen Verschwörungsgruppierung "QAnon". Viele Demonstrantinnen und Demonstranten wollten die Bundesregierung stürzen, sagt Blume. Sie glauben, sie würden von Politikern, Medien und Wissenschaftlern belogen.
Der baden-württembergische Verfassungsschutz beobachtet seit Ende 2020 einige Mitglieder der "Querdenken"-Bewegung. Er habe Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung festgestellt.
Ballweg: Zusammenarbeit mit Klimaaktivisten?
Kurz vor seiner Freilassung habe Ballweg noch einen Brief an die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" verschickt. Laut Ballweg überschneiden sich einige Standpunkte von "Querdenken" und der "Letzten Generation".
"Das Ziel ist doch Umweltschutz und Klimaschutz. Waffenproduktion macht einen riesigen Teil von Emissionen aus. Kriegsgeräte wie Jets, Flugzeugträger und Panzer im laufenden Betrieb stoßen Unmengen an CO2 aus", sagte Ballweg im SWR-Interview.
Das Ziel von "Querdenken" sei in erster Linie Friede und ein selbstbestimmtes Leben. Aus seiner Sicht ähneln seine Ziele denen der "Letzten Generation". Deshalb steht einer Kooperation aus seiner Sicht nichts im Weg. Auch den Aktivisten von "Fridays for Future" wolle er einen Brief schicken. Die Strafen, die gegen Mitglieder der "Letzten Generation", beispielsweise für Straßenblockaden, verhängt wurden, hält er für unverhältnismäßig hoch. Eine Reaktion auf seinen Brief an die "Letzte Generation" habe er noch nicht erhalten.
"Letzte Generation" lehnt Zusammenarbeit ab
Auf SWR-Anfrage antwortete Carla Rochel von der "Letzten Generation". Die Organisation habe keinen Brief von Michael Ballweg erhalten. Ihr Protest stehe mit beiden Beinen auf dem Boden der demokratischen Verfassung. Ziel der "Letzten Generation" sei es, die Bundesregierung zur Einhaltung ihrer eigenen Gesetze zu bewegen.
Sie betont, dass die "Letzte Generation" nicht mit der "Querdenken"-Bewegung zusammenarbeitet. Diese sei rechten und verschwörungstheoretischen Kreisen zuzuordnen.