Rund 50.000 Menschen kamen am Wochenende auf dem Messegelände in Stuttgart zusammen. Grund ist die "Jalsa Salana" - das jährliche Treffen der Ahmadiyya-Muslime in Deutschland.
Vom 1. bis 3. September fand auf dem Stuttgarter Messegelände die sogenannte Jalsa Salana statt. Dazu erwartete die Ahmadiyya-Gemeinschaft rund 50.000 Musliminnen und Muslime aus der ganzen Welt. "Es kommen sehr viele internationale Gäste, darunter auch Ministerpräsidenten und Könige aus afrikanischen Ländern", sagte Imam und Mitorganisator Noor Ud Din Ashraf vorab dem SWR.
Für die "Jalsa Salana", was übersetzt "die jährliche Versammlung" bedeutet, hatte die Ahmadiyya Muslim Jamaat (deutsch: muslimische Ahmadiyya-Gemeinde, kurz AMJ) in diesem Jahr alle zehn Messehallen in Stuttgart gemietet. Die Aufbauarbeiten liefen bereits seit dem vorherigen Wochenende. Hunderte arbeiteten ehrenamtlich, um das Treffen vorzubereiten.
47. jährliche Versammlung der AMJ in Deutschland
Auf der Jalsa Salana 2023 fanden vor allem Vorträge und Ansprachen zum Glauben statt. "Wir wollen unsere Spiritualität aufladen", sagte Noor Ud Din Ashraf. Es gab aber auch Ausstellungen und Gesprächsrunden: unter anderem zu aktuellen Themen, wie der Rolle der Frau im Islam.
Die Gäste schliefen auch auf dem Messegelände, einige Hallen waren als Schlafräume vorgesehen. In Halle 4 sollten die Männer, in den Hallen 6 und 10 die Frauen schlafen.
Strenge Trennung von Männern und Frauen
Bei der Jalsa Salana ist laut AMJ jeder Mensch unabhängig von seinem Glauben eingeladen. Besucherinnen und Besucher sollten allerdings darauf achten, dass bei Veranstaltungen der AMJ eine strikte Trennung von Männern und Frauen gilt. So ist der Messeeingang Ost für Männer vorgesehen, der Messeeingang West für Frauen.
Geistiges Oberhaupt Masroor Ahmad ist in Deutschland
Ein besonderes Highlight für die Gläubigen: Das geistige Oberhaupt der Ahmadiyya, Masroor Ahmad, kam für die Jalsa Salana erstmals seit vier Jahren wieder nach Deutschland.
"Seine Rolle im Glauben der AMJ ist vergleichbar mit der des Papstes im katholischen Glauben", erklärte Imam Noor Ud Din Ashraf. "Entsprechend aufgeregt und freudig ist die Stimmung hier auf dem Messegelände." Kommende Woche soll Ahmad außerdem die neu gebaute Nasir Moschee in Waiblingen einweihen.
Ahmadiyya werden in manchen Ländern verfolgt
Im Gegensatz zu anderen muslimischen Glaubensrichtungen ist die AMJ überzeugt, dass Mohammed nicht der letzte lebende Prophet war. Der Gründer des Glaubens, Mirza Ghulam Ahmad, erhob 1890 den Anspruch, ein Prophet zu sein. Einige andere muslimische Gruppen sind deshalb - und auch wegen ihrer Auslegung der heiligen Schriften - der Ansicht, dass die Ahmadiyya keine Muslime sind.
Wie viele Menschen dem Glauben genau angehören, ist unklar. In Deutschland leben laut AMJ zwischen 40.000 und 50.000 Gläubige. International liege die Zahl bei über zehn Millionen. Der größte Teil lebe dabei in Südasien. In einigen Teilen der Welt werden Anhängerinnen und Anhänger verfolgt, unterdrückt und getötet, beispielsweise in Indonesien, Pakistan und Bulgarien.
AMJ-Imam Khalid: "Der Islam gehört zu Deutschland"
"In der medialen und politischen Debatte gibt es immer wieder diese Teilung zwischen Muslimen und Islam", sagte Sharjil Khalid dem SWR. Er arbeitet unter anderem in der Presseabteilung der AMJ. "Man sagt, die Muslime gehören zu Deutschland, der Islam aber nicht."
"Ich glaube, mit unserer Geschichte können wir diese Ansicht, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört, gut konterkarieren. Muslime und der Islam arbeiten schon seit 100 Jahren organisiert und theologisch in Deutschland", erklärte Khalid. Damit bestünde überhaupt kein Zweifel, dass der Islam zu Deutschland gehöre.
100 Jahre Ahmadiyya Muslim Jamaat in Deutschland
Die Ahmadiyya Muslim Jamaat wurde 1889 in Indien gegründet. Dennoch ist sie die älteste in Deutschland organisierte Gemeinschaft von Musliminnen und Muslimen. Bereits 1922 plante die Gemeinde, ihre erste Moschee zu bauen. 1923 wurde ihr Grundstein gelegt - kurz darauf musste das Projekt aufgrund der Hyperinflation und damit einhergehenden Wirtschaftskrise beendet werden.
1949 wurde die Gemeinde erstmals als Religionsgemeinschaft in Deutschland registriert. 1957 folgte die Eröffnung der ersten Moschee in Hamburg. Hier fand 1975 auch die erste Jalsa Salana statt. Seit 2013 hält die Gemeinde in Hessen und seit 2014 in Hamburg außerdem den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts inne. Damit wurde die AMJ der christlichen Kirche rechtlich gleichgestellt.