Die A81 wird zwischen Böblingen und Sindelfingen auf sechs Spuren erweitert. Trotzdem soll die Schneise zwischen den Städten wegfallen. Ein Tunnel macht’s möglich. Wer profitiert?
Die A81 zwischen Sindelfingen-Ost und Böblingen-Hulb wird auf mehr als sieben Kilometer Länge von vier auf sechs Spuren erweitert. Viele ärgern sich über die Baustelle, weil dort ein Tempolimit gilt. Margarete und Claus Weisleder dagegen freuen sich. Sie wohnen in Sindelfingen, direkt an der Autobahn. Und bekommen jetzt etwas, wofür sie viele Jahre gekämpft haben: einen Deckel über die A81.
Der Tunnel zwischen Böblingen und Sindelfingen ist 850 Meter lang, 37 Meter breit und 100 Millionen Euro teuer. Er soll wie ein Deckel über die A81 wirken, die die Nachbarstädte bisher voneinander trennt und bei den Anwohnern für viel Lärm und Dreck gesorgt hat. So wie bei Margarete und Claus Weisleder. Gerade mal rund 30 Meter hinter ihrem Haus führte bislang die A81 entlang. Nur eine Schallschutzwand und einige Bäume haben das Grundstück von der Autobahn abgeschirmt.
Haus direkt an der Autobahn: ruhig war es nie
Seit 1973 wohnt das Ehepaar direkt an der Autobahn. Und nie hatten sie richtig Ruhe. Auch nachts nicht. "Es war immer so ein Grundton da, ein Rauschen. Und je nachdem, ob jetzt LKW dabei waren oder nicht, war der Lärm mehr oder weniger", sagt Claus Weisleder. Genau wie bei den meisten Nachbarn liegt das Schlafzimmer auf der anderen Hausseite. Schlafen bei offenem Fenster wäre sonst unmöglich gewesen.
Neben Krach lieferte die Autobahn auch Dreck und Schadstoffe. Wenn Margarete Weisleder ihren Terrassentisch morgens und abends abgewischt hat, war das Ergebnis immer gleich: "Da war der Lappen immer richtig schwarz. Also wenn man bedenkt, was man da immer eingeatmet hat…", sagt sie schaudernd. Ihr Mann, ein Chemiker, hat den Dreck mal untersuchen lassen. Das Ergebnis: viele gesundheitsgefährdende Stoffe.
Bürgerinitiative "Leise A81" setzt sich durch
Seit den 80er Jahren forderten Weisleders und andere Anwohner eine Verbesserung der Situation. Als die Autobahn von vier auf sechs Spuren erweitert werden sollte, machte sich die 2005 gegründete Bürgerinitiative "Leise A81" für einen eineinhalb Kilometer langen Deckel über die Autobahn stark. Die Planer hielten den für unnötig: sie wollten nur 12 Meter hohe Lärmschutzwände bauen. Viel zu hoch, beklagte die Bürgerinitiative und organisierte Protestaktionen.
Die Bürgerinitiative war erfolgreich. Jetzt wird tatsächlich ein Tunnel gebaut. Zwar nur 850 Meter lang, aber immerhin. Man kann mittlerweile schon ganz gut erahnen, wie das Ganze einmal aussehen soll. Claus Weisleder und andere Mitglieder der Bürgerinitiative sind stolz: "Der Erfolg, dass wir jetzt diesen Tunnel haben und dann auch die Schallschutzwände, die dann anschließend kommen - das ist, denke ich, schon ein entscheidender Beitrag gewesen von der "Leise A81", sagt der Anwohner.
Bau des Tunnels bislang im Zeitplan
Koordiniert wird die Erweiterung der Autobahn auf sechs Spuren und der Tunnelbau von der DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GMBH). Der Tunnel soll 37 Meter breit werden. In jede Richtung wird es jeweils drei Fahrspuren und einen breiten Standstreifen geben, der bei viel Verkehr zur vierten Fahrspur werden kann. Der Tunnel entsteht aus 85 Einzelblöcken, die jeweils 10 Meter lang sind.
Bislang liege alles im Zeitplan, sagt Projektleiter Johannes Kuhn von der DEGES. "Die besondere Herausforderung der gesamten Baustelle ist, dass die A81 immer unter Verkehr bleiben muss. Das heißt, wir haben hier cirka 100.000 Fahrzeuge pro Tag, die wir an der Baustelle vorbeischleusen müssen."
Deckel über der A81 könnte begrünt werden
Wenn der A81-Deckel fertig ist, sollen die Böblinger und Sindelfinger nicht nur auf nackten Beton schauen müssen. Deshalb gibt es schon Vorschläge, wie das Ganze gestaltet und genutzt werden könnte. Die Bürgerinitiative "Leise A81" hat schon 2011 eine Bürgerbeteiligung mit den Städten Böblingen und Sindelfingen gemacht. "Und da waren die Anwohner da und haben ein paar Vorschläge gemacht, wie das hier aussehen könnte: mit einem Jogging-Pfad und vielleicht einem Biergarten", fasst Thorsten Breitfeld, der Sprecher der Bürgerinitiative "Leise A81" das Ergebnis zusammen.
Weitere Ideen sind ein Radschnellweg, eine Begrünung und jede Menge Photovoltaikanlagen. Letzteres plant auf jeden Fall die DEGES, um Strom beispielsweise für die Lichter im Inneren des Tunnels produzieren zu können. Begrünung und Photovoltaikanlagen auf dem A81-Deckel wären auch für das Ehepaar Weisleder in Ordnung. Margarete Weisleder wünscht sich allerdings, "dass noch Blumen hinkommen und vor allem Bäume." Ende 2025 soll der Rohbau des Tunnels fertig sein. Ende 2027 soll der Verkehr durch die Röhren rollen und aus der lauten A81 eine leise A81 werden.
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