Das Heizungsgesetz der Ampel erhitzt weiter die Gemüter. Die grüne Staatssekretärin von Wirtschaftsminister Habeck wundert sich im SWR darüber, dass manche Menschen die dringliche Lage in Sachen Klima noch nicht begriffen hätten.
Die Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, die Heidelberger Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner (Grüne), hat beklagt, dass viele Bürgerinnen und Bürger nicht wissen, was für einen Nachholbedarf Deutschland bei klimafreundlichen Heizungen hat. "Wir nehmen es natürlich zur Kenntnis, dass es viele Menschen gibt, die ein Unwissen darüber haben, was in anderen europäischen Ländern passiert", sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstagabend in der SWR-Sendung "Zur Sache Baden-Württemberg". "Wir sind ja in Deutschland gar nicht an der Spitze, sondern wir sind maximal im Mittelfeld."
Man müsse nach Norwegen schauen, wo schon 60 Prozent der Haushalte mit einer Wärmepumpe heizen. Auch die baltischen Länder und Frankreich seien weiter als Deutschland. Den Äußerungen Brantners vorausgegangen waren gezeigte Stimmungsbilder aus der Bevölkerung, die den Plänen der Ampel-Koalition kritisch gegenüberstehen. Ein Schlosser in Dettingen an der Iller (Kreis Biberach) beispielsweise ging sogar so weit, dass er mit einem großen Schild vor seinem Betrieb als Antwort auf die Politik der Grünen im Bund darauf hinwies, dass Wähler der Grünen bei ihm Hausverbot hätten.
"Klimawende – ist die Gesellschaft bereit?" Hier können Sie die Beiträge der Sendung ansehen:
Heizungsgesetz der Ampel-Koalition: Liegt es an der Kommunikation?
Die Staatssekretärin sagte zu dem geplanten Heizungsgesetz der Ampel-Bundesregierung: "Wir haben es noch nicht genug geschafft, alle mitzunehmen und zu informieren, dass wir jetzt diese Änderung voranbringen wollen, damit alles so schön bleiben kann, wie wir es bei uns haben." Nur so könne der Wohlstand in Deutschland gehalten werden. "Weil es eben klar ist, wenn wir nichts gegen die Klimakrise tun, wird es anders und nicht besser." Sie räumte ein, dass es beim ersten Entwurf des Heizungsgesetz nicht gut gelaufen sei. "Ich hoffe, dass uns das in der Regierung nicht mehr passiert."
Das neue Konzept sei ein "guter Kompromiss", betonte Brantner. Der Ampel-Kompromiss sieht unter anderem vor, dass die Regeln für den Einbau von neuen Heizungen nicht bereits ab nächstem Jahr, sondern zum großen Teil erst greifen sollen, wenn eine kommunale Wärmeplanung vorliegt. In den großen Städten soll das schon 2026 der Fall sein, in kleineren erst 2028. Baden-Württemberg hat ähnlich wie Hessen und Schleswig-Holstein aber schon eigene Gesetze für die Erstellung kommunaler Wärmepläne verabschiedet. In Baden-Württemberg wissen deshalb die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger schon Anfang 2024, ob sie an ein Wärmenetz angeschlossen werden oder nicht. Nun ist unklar, ob Baden-Württemberg dadurch ein Nachteil entsteht.
CDU-Klimaexperte Jung spricht von "ungeheuerlichem Vorgang"
Der Konstanzer CDU-Bundestagsabgeordnete und Klimaexperte Andreas Jung sprach von einem "ungeheuerlichen Vorgang", dass das Gesetz der Ampel noch gar nicht vorliegt, es aber nächste Woche schon im Bundestag beschlossen werden soll. "Das kann doch nicht klappen", sagte Jung und ergänzte: "Ein Bürgermeister, der so in den Gemeinderat geht, der wird heimgeschickt."
Der Entwurf sei ein "Etikettenschwindel". Die Ampel behaupte immer, man sei bei Heizungen technologieoffen, doch das stimme nicht. Es gebe zum Beispiel so hohe Anforderungen an die Wärmenetze, dass die Stadtwerke diese nicht erfüllen könnten. "So dass es am Ende in ganz vielen Fällen wieder auf die Wärmepumpe herausläuft." Auch das Förderkonzept falle unter dem Strich hinter frühere Regelungen der Koalition von Union und SPD zurück.
Wärmeplanung in BW: "Vorreiter dürfen nicht Verlierer sein"
Jung nahm die Warnung des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann auf und sagte, Baden-Württemberg dürfe wegen seiner frühen Wärmeplanung nicht benachteiligt werden. "Vorreiter dürfen nicht Verlierer werden." Es sei völlig unklar, was im separaten Ampel-Wärmegesetz, das im Herbst kommen solle, drinstehen werde.
Brantner widersprach der Kritik. "Wir haben ja einen BW-Bonus de facto eingezogen." Diejenigen Baden-Württemberger, die schon früh wissen, ob sie sich an ein Wärmenetz anschließen können, wüssten viel früher als andere Deutsche, ob es sich lohnt, zum Beispiel in eine Wärmepumpe zu investieren. Das werde mit einem Bonus von 20 Prozent mehr Förderung honoriert. "Das ist ein super Vorteil für Baden-Württemberg."
Diesen hätten die Menschen in anderen Bundesländern, die noch keine Wärmeplanung hätten, nicht. Allerdings bedeutet das auch für diejenigen, die nicht an ein Wärmenetz angeschlossen werden, dass sie im Fall einer kaputten Heizung schnell tauschen und dabei zu 65 Prozent auf erneuerbare Energien setzen müssen. Brantner versprach, dass sich durch das Wärmegesetz im Herbst nichts entscheidendes mehr ändern werde. "Rechtlich wird das auch nicht dazu führen, dass wir die Wärmeplanung komplett überholen müssen."
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