Laut Steuerschätzung wird mehr Geld in die baden-württembergische Staatskasse fließen. In der Koalition wird bereits diskutiert, wofür es ausgegeben werden soll. Der Finanzminister will lieber sparen.
Bund, Länder und Kommunen werden bis 2026 rund 126,4 Milliarden Euro mehr an Steuern einnehmen, als noch im Mai erwartet. Das geht aus der aktuellen Steuerschätzung hervor. Konkrete Zahlen für Baden-Württemberg gibt es noch nicht. Aber auch die Staatskasse des Landes wird ein deutliches Plus verzeichnen können. Am Samstag wollen die Spitzen der Koalition in der Haushaltskommission darüber beraten, wofür die Mehreinnahmen verwendet werden sollen.
Grüne wollen Ende der Lehrkräfteentlassungen in den Sommerferien
In Baden-Württemberg werden jährlich tausende Lehrkräfte zu den Sommerferien entlassen und danach wieder eingestellt. Das betrifft befristet angestellte Lehrkräfte und fertige Referendare. Die Grünen-Fraktion möchte das ändern. Auch die CDU hatte bei ihrem jüngsten Parteitag für ein Ende dieser Regelung gestimmt.
Aus Koalitionskreisen erfuhr die Deutsche Presse-Agentur (dpa), es sei eher unwahrscheinlich, dass ausgerechnet jetzt in der Krise diese Praxis geändert werde, nachdem man jahrelang argumentiert hatte, dies sei zu teuer. Im Doppeletat würde das laut "Südwest Presse" mit 30 Millionen Euro zu Buche schlagen.
GEW will mit Erfüllung von Versprechen mit Sekt feiern
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erinnerte daran, dass die Grünen vor elf Jahren mit dem Versprechen angetreten seien, "diese unwürdige Praxis endlich zu beenden." Wenn sie jetzt Wort hielten, werde man am ersten Tag der Sommerferien im nächsten Jahr vor dem Landtag stehen, sagte Farina Semler, Vize-Chefin der GEW. "Dann werden wir nicht demonstrieren, sondern Sekt mitbringen und die befristet beschäftigten Lehrkräfte und die Landtagsabgeordneten einladen."
Der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, tat gleich so, als sei die Maßnahme schon beschlossen. "Der VBE bedankt sich bei der Landesregierung, dass sie diesen Schritt geht und somit eine unserer langjährigen Forderungen erfüllt."
Ein Sprecher des Staatsministeriums dämpfte allerdings die Euphorie der Gewerkschaften. "Es ist nichts entschieden, weder positiv noch negativ, bevor die Haushaltskommission getagt hat", sagte er der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage.
Staatsministerium möchte eine Million zusätzlich für "THE LÄND"
Das Staatsministerium will die landeseigene Werbekampagne "THE LÄND" stärken. Im Haushaltsentwurf für 2023 und 2024 sind bereits jeweils drei Millionen Euro vorgesehen. Für das Jahr 2024 will die Regierungszentrale eine Million Euro mehr haben, wie die dpa aus Regierungskreisen erfuhr. Das Staatsministerium dringt vor den Haushaltsgesprächen zudem darauf, dass sich das Land dazu verpflichtet, auch in den Jahren 2025 und 2026 je drei Millionen Euro für die Kampagne auszugeben. Ursprünglich wollte Staatssekretär Florian Stegmann sogar drei Millionen Euro mehr für 2024 haben, doch das sei vom Finanzministerium schon vor längerer Zeit abgelehnt worden. Zum Start der neuen Kampagne hatte es vor einem Jahr geheißen, sie habe 21 Millionen Euro gekostet.
Der SPD-Finanzexperte Nicolas Fink kritisierte die Forderung der Regierungszentrale. "Kein Geld für Entlastungen ausgeben wollen, aber noch mehr Geld in eine völlig unnötige Kampagne stecken: Die komplett falsche Schwerpunktsetzung der Landesregierung bei der Haushaltsplanung ist schon jetzt absehbar und lässt Böses erahnen", sagte er.
Bereits am 10. Oktober berichtete das SWR Fernsehen über die laut Steuerschätzung zu erwartenden Mehreinnahmen:
Finanzminister mahnt zur Mäßigung
Insgesamt liegen nach einem Bericht der "Südwest Presse" rund 150 Vorschläge mit einem Gesamtvolumen von rund 700 Millionen Euro zur Nutzung der Mehreinnahmen vor. Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) erklärte am Mittwoch im Landtag beim Einbringen des Haushalts, er wolle den Puffer für Risiken stärken und mehr Geld zurücklegen. Die Fraktionen rief er zum Maß halten auf. Die Spitzen der Koalition treffen sich an diesem Samstag, um darüber zu beraten, wofür das Land mehr ausgeben kann.