Omid Nouripour und Ricarda Lang legen ihre Ämter nieder und der Grünen-Bundesvorstand tritt zurück. Nun gibt es einen weiteren Rückzug: Die Spitze der Grünen Jugend tritt aus der Partei aus.
Nach den Misserfolgen der Partei bei mehreren Wahlen geben die Co-Vorsitzenden Ricarda Lang (Wahlkreis Backnang-Schwäbisch Gmünd) und Omid Nouripour den Rücktritt des gesamten Parteivorstandes bekannt. Am späten Abend gab es einen weiteren Rückzug: Der Vorstand der Grünen Jugend will nicht erneut kandidieren und aus der Partei austreten. Das geht aus einem internen Brief an die Partei- und Fraktionsführung hervor.
Zuvor hatte sich der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum Rücktritt des Grünen-Bundesvorstands geäußert. Es sei der richtige Schritt. "Beide haben die Partei in nicht einfachen Zeiten mit hoher Loyalität zur Bundesregierung geführt. Das verdient großen Respekt", teilte Kretschmann mit.
"Es ist aber auch richtig, die Konsequenzen aus den Wahlergebnissen zu ziehen und den Weg für einen personellen Neuanfang freizumachen." Auch wenn die Bundesvorsitzenden persönlich keine Verantwortung für die Wahlergebnisse in diesem Monat hätten, betonte der Regierungschef.
Grünen-Landesvorsitzende: "Weg frei für die dringend notwendige Neuaufstellung"
"Nach den desaströsen Ergebnissen für uns Grüne bei der Europawahl ist es nicht gelungen, wieder in die Offensive zu kommen", so die Grünen-Landesvorsitzenden Lena Schwelling und Pascal Haggenmüller. Es verdiene größten Respekt, dass der Bundesvorstand nun persönliche Konsequenzen ziehe. "Mit ihrem Rücktritt machen Ricarda Lang und Omid Nouripour den Weg frei für die dringend notwendige Neuaufstellung der Partei", sagen die beiden Landesvorsitzenden.
Man müsse Handlungsfähigkeit beweisen und die Probleme lösen, die die Menschen umtrieben. "Wir müssen Glaubwürdigkeit zurückgewinnen; das gelingt am besten durch die starken Persönlichkeiten unserer Partei", so Schwelling und Haggenmüller.
Lang und Nouripour seien ein sehr gutes Team gewesen, sagte Schwelling am Mittwochabend im SWR. "Die haben sicher nicht allein zu verantworten, in welcher Situation wir im Moment stecken, aber es gehört zur Aufgabe von Parteivorsitzenden, in solchen Krisen dann auch die Verantwortung zu übernehmen", erklärte sie im Interview in SWR Aktuell Baden-Württemberg:
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) wollte sich am Mittwoch nicht äußern: "Ich tue das ganz bewusst nicht. Mir scheint es schlechter Stil, aus einer Partei auszutreten und nachher solche Entwicklungen aus dem Off zu bewerten", schrieb er auf Facebook.
"Rückzug hat uns kalt erwischt"
Die Staatssekretärin und Bundestagsabgeordnete der Grünen aus Neu-Ulm, Ekin Deligöz, sagte dazu dem SWR: "Das hat uns alle sehr kalt erwischt. Natürlich waren die Diskussionen sehr heftig nach der Wahl. Dass es darauf hinausläuft, hat keiner vorausgesehen. Ich verneige mich voller Respekt vor dieser Entscheidung." Es sei in der Tat so, dass Parteien immer wieder gefragt sind zu hinterfragen, ob alles richtig läuft und was man noch besser machen könne. Das tun die Grünen jetzt, so Deligöz.
Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss und Bundestagsabgeordneter aus Ulm und dem Alb-Donaukreis, betont, er habe großen Respekt vor dieser Entscheidung, die Anerkennung verdiene. "Doch unsere Probleme sind tiefgreifender und gehen weit über Einzelpersonen hinaus", sagt er. Die anstehenden Herausforderungen könnten nur gemeinsam gelöst werden, so Emmerich.
SWR Politikexperte Sebastian Deliga sieht in dem Rücktritt eine Folge der missglückten Landtagswahlen sowie der Europawahl. Für die Neubesetzung ist auch bereits eine Kandidatin aus Baden-Württemberg im Gespräch:
Bundesvorstand bleibt bis November im Amt
Der aktuelle Bundesvorstand war im November 2023 eigentlich für zwei Jahre gewählt worden. Ihm gehören neben Lang und Nouripour noch die stellvertretenden Parteivorsitzenden Pegah Edalatian und Heiko Knopf, Geschäftsführerin Emily Büning und Bundesschatzmeister Frederic Carpenter an. Nach Langs Angaben soll der Vorstand noch bis zur Neuwahl auf dem Parteitag im November im Amt bleiben.
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