Vor dem Amtsgericht Weinheim wird am Montag das Urteil gegen eine Weinheimer Ärztin erwartet - wegen möglicherweise falscher Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht.
Die Staatsanwältin hat in ihrem Plädoyer eine dreieinhalbjährige Haftstrafe und ein dreijähriges Berufsverbot für die Allgemeinmedizinerin aus Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis) gefordert. Sie sieht den Tatbestand des "Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse" erfüllt.
Als rechtlichen Hintergrund führte sie an, dass ein Attest laut Bundesgerichtshof bereits dann als falsch gilt, wenn ein Zeugnis über einen Befund ausgestellt wird, ohne dass eine Untersuchung stattgefunden hat.
Angeklagte positioniert sich öffentlich
Die Angeklagte positioniert sich in der Öffentlichkeit als Maskengegnerin und trat auch bei Veranstaltungen als Rednerin auf. Sie behauptet, das Tragen von Masken sei generell gesundheitsschädlich, unter anderem wegen Atemschwierigkeiten und der Gefahr einer Re-Infektion. Deshalb habe sie aus Überzeugung weit über 4.000 Atteste größtenteils ohne direkten Patientenkontakt ausgestellt.
Unterstützung aus "Querdenker"-Szene
Vor dem Amtsgericht versammelten sich an den bisherigen beiden Prozesstagen jeweils rund 70 Anhänger der Weinheimer Ärztin, darunter viele Gegner von Corona-Maßnahmen aus der so genannten "Querdenker"-Szene, aber auch zufriedene Patientinnen und Patienten der Ärztin. Die Angeklagte selbst sprach in Verhandlungspausen vor der Tür des Amtsgerichts zu ihren Anhängern, die sie lautstark bejubelten.
Atteste privat abgerechnet?
Die Ermittler hatten in aufwändiger Kleinarbeit die Zahl der offensichtlich ohne Patientenkontakt ausgestellten Atteste festgestellt. Die genannte Zahl weit über 4.000 Attesten umfasst nach Aussage eines Polizeibeamten nur die unstrittigen Fälle. Die Ärztin habe die Atteste zum Beispiel auf E-Mail-Anfragen aus dem ganzen Bundesgebiet in großer Zahl ausgestellt. Diese Dienstleistung soll sie privat abgerechnet und für jedes Attest fünf Euro verlangt haben. Insgesamt seien so 28.000 Euro zusammengekommen.
Für die Bürohilfe der Ärztin forderte die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne, sowie eine Geldstrafe von zwei Monatsgehältern.
Lange Plädoyers angekündigt
Der Anwalt der Ärztin und die Anwältin der Bürohilfe haben angekündigt, zusammen mindestens sechs Stunden plädieren zu wollen. Auch die Angeklagte will mindestens eine Stunde lang Stellung beziehen. Die Verteidigung will einen Freispruch erreichen.
Die beiden Anwälte hatten den letzten Verhandlungstag platzen lassen, an dem die Urteilsverkündung geplant war. Sie waren zwar am Amtsgericht erschienen, hatten aber gesagt, sie seien wegen Krankheit nicht in der Lage zu plädieren.